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Landesrechtliche Informationsbegriffe in den Informationsfreiheitsgesetzen

Dieser Beitrag widmet sich dem Informationsbegriff, der (1.) Bezug nimmt auf amtliche Zwecke und damit der Kontrolle der Verwaltung in einem demokratischen Rechtsstaat, aber (2.) auch nicht abgeschlossenen Willensbildungsprozesse zum Schutz der Gewaltenteilung ausschließt.

Published onJan 24, 2023
Landesrechtliche Informationsbegriffe in den Informationsfreiheitsgesetzen

Der Informationsbegriff, der sich im Informationsfreiheitsgesetz des Bundes in dessen § 2 Abs. 3 findet, setzt sich aus zwei positiven und einem negativen Merkmal zusammen. Danach ist Voraussetzung, dass es sich (1.) um Aufzeichnungen, unabhängig von der Art ihrer Speicherung handelt, die (2.) amtlichen Zwecken dienen (positive Kriterien) wobei Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen ausgeschlossen sind (negatives Kriterium). Damit ist der Informationsbegriff des Bundes grundsätzlich weit gefasst, da er sich zunächst auf jeden vorhandenen und in irgendeiner Form festgehaltenen Gedankengang bezieht. Die einzigen beiden Einschränkungen sind insoweit, (1.) dass es sich dabei um solche Gedankengänge handelt die amtlichen Zwecken dienen und damit das Ziel des Informationsfreiheitsgesetzes unterstützen können, die demokratische Kontrolle durch und die Willensbildung der Bevölkerung sicherzustellen. Sowie (2.), dass Gedankengänge die noch nicht dem abgeschlossenen Willensbildungsprozess entsprechen und insoweit nicht abschließender Bestandteil eines amtlichen Vorganges werden sollen ausgeschlossen sind. Damit soll der Willensbildungsprozess der Exekutive geschützt werden.

Diesem dreigliedrigen Begriff haben sich im eigentlichen Sinne auch alle Bundesländer in den jeweiligen Informationsfreiheitsgesetzen beziehungsweise Landestransparenzgesetzen angeschlossen. Wortlautgleich trifft dies zu auf die Länder Bremen (§ 3 LIFG), Hessen (§ 80 Abs. 1 S. 3, 4 LDIFG), das Saarland (Verweis auf § 2 Abs. 3 BIFG über § 1 S. 1 LIFG) und Sachsen-Anhalt (§ 2 LIFG).

Im Kern mit der gleichen Bedeutung, aber in leicht abgewandelter Formulierung beziehungsweise Regelungstechnik wird der dreigliedrige Begriff auch in Baden-Württemberg (§ 3 LIFG), Berlin (§§ 3 Abs. 2, 10 Abs. 1 LIFG), Brandenburg (§ 3 LIFG), Hamburg (§ 2 Abs. 1 LTG), Mecklenburg-Vorpommern (§ 2 LIFG), Nordrhein-Westfalen (§§ 3, 7 Abs. 1 Abs. 2 Buchst. c) LIFG) und Schleswig-Holstein (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 LIFG) sowie Rheinland-Pfalz (§ 5 LIFG) und Thüringen (§ 3 LIFG) verwendet.

Im Hinblick auf Baden-Württemberg hebt der § 3 LIFG dort lediglich klarstellend hervor, dass es sich auch um vorhandene Aufzeichnungen handeln muss. Dabei ist das Kriterium der vorhandenen Information durchaus rechtspolitisch problematisch. Zwar ist es richtig, dass von einer informationspflichtigen Stelle grundsätzlich nur das verlangt werden kann, was ihr möglich ist. Insoweit könnte man meinen, dass die Herausgabe nichtexistenter Informationen eine Forderung unmöglichen Verhaltens darstellen würde. Doch greift dies angesichts des in Teilen informeller werdenden Regierungshandelns zu kurz. Beispielhaft sei hier die Flüchtigkeit von Chatnachrichten in verschlüsselten sich selbstzerstörenden Chatverläufen genannt. Insofern ist die Forderung nicht gänzlich fernliegend eine Wiederherstellung von gelöschten Informationen zu verlangen, soweit sie für einen amtlichen Vorgang von Bedeutung waren. Allerding ist zuzugestehen, dass auch die demokratische Kontrolle durch Information ihre Grenzen hat. Im demokratischen Rechtsstaat ist das Informationsrecht der Bevölkerung und die Informationspflicht des Staates gegenüber der Bevölkerung nur eines von viele Teilen, die die Gewaltenteilung sicherstellen und einer Zentrierung und dem Missbrauch von Macht entgegenwirken. Wird insofern bekannt, dass Vertreter*innen der Exekutive gezielt Informationen vernichten, um sie nicht der Informationsfreiheit auszusetzen, so ist auch an andere demokratische Kontrollmechanismen, wie die Abwahl, die Abberufung, die verweigerte Wiederwahl oder Wiederernennung oder sogar an Ordnungs- und strafrechtliches Einschreiten zu denken.1 In letzter Konsequenz lebt ein funktionierender demokratischer Rechtsstaat aber auch von den Prinzipien des Vertrauens und des vertrauenswürdigen Verhaltens seiner Repräsentant*innen, wie dies beispielhaft in der Organ- oder Bundestreue deutlich wird. Die ausübenden demokratischer Herrschaftsmacht sind insoweit aufgerufen ihre Befugnisse mit Bedacht wahrzunehmen.

Im Hinblick auf Berlin werden die Aufzeichnungen und die Speicherart durch die in 3 Abs. 2 LIFG dort gewählte Formulierung lediglich mit Regelbeispielen angereichert. Jedoch werden Entwürfe und vorbereitende Arbeiten nicht explizit als negatives Ausschlusskriterium in den Informationsbegriff aufgenommen werden. Dies ergibt sich erst aus einer Zusammenschau mit § 10 Abs. 1 LIFG. Dadurch ist der Informationsbegriff in Berlin zwar zunächst weiter, was praktisch aber kaum eine Bedeutung hat, da sich die Einschränkung, dann über einen Ausschlussgrund für den Informationsfreiheitsanspruch ergibt. Jedoch ist hier zu beachten, dass die in Berlin gewählte Formulierung nicht erfordert, dass die Entwürfe oder vorbereitenden Arbeiten nicht wie im Falle der Bundesregelung Bestandteil des Vorganges werden. Insoweit ist der Informationsbegriff des Landes Berlin im faktischen Ergebnis, wenn auch nicht im Wortsinne enger als der des Bundes, weil er mehr Aufzeichnungen dem Informationsfreiheitsanspruch entzieht.

Anders liegt der Fall insoweit in Brandenburg (§ 3 LIFG). Dort wird für das Wort Aufzeichnung lediglich das Synonym Unterlagen verwendet. Zudem wird auch das negative Ausschlusskriterium für Vorentwürfe und Notizen aufgenommen. Dieses negative Kriterium wird jedoch im Gegensatz zur Bundesregelung weiter verengt indem zusätzlich gefordert wird, dass die Vorentwürfe und Notizen nicht nur nicht Bestandteil des Vorganges werden sollen, sondern auch spätestens nach dessen Abschluss vernichtet werden (so liegt der Fall auch in Mecklenburg-Vorpommern, vgl. § 2 LIFG). Bleibt die Vernichtung aus, so bleiben die Vorentwürfe und Notizen also Bestandteil des Informationsbegriffes und Gegenstand des Informationsanspruches. In Hamburg wurde in der entsprechenden Regelung in § 2 Abs. 1 LTG neben der Ausrichtung der Aufzeichnungen auf amtliche Zwecke der Zusatz ergänzt, dass auch solche Aufzeichnungen erfasst sind, die zum Zwecke der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben beziehungsweise der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gefertigt werden. Damit wird aber lediglich deklaratorisch klargestellt, dass auch Aufzeichnungen von Privaten, die im Dienste der öffentlichen Hand tätig werden und damit zu deren Handlungsreis zu zählen sind, miteinbezogen werden.

In Nordrhein-Westfalen ist die Definition der Information tautotlogisch und zirkelschlüssig, weil Informationen als auf irgendwelchen Informationsträgern vorhandene Informationen definiert werden. Insoweit ergibt sich aber inhaltlich kein Unterschied zu den vorgenannten Definitionen, die das Wort Aufzeichnung verwenden. Zudem verweist die Regelung in Nordrhein-Westfalen nicht auf amtliche Zwecke denen die Information dienen soll, sondern darauf, dass die Information im dienstlichen Zusammenhang erlangt worden ist. Insoweit ist das zeitliche Betrachtungskriterium des dienstlichen oder amtlichen Zusammenhanges ein anderes. Denn bei der Regelung aus Nordrhein-Westfalen kommt es auf den Zeitpunkt der Erlangung an, um den dienstlichen Bezug darzulegen, während es beispielsweise bei der Regelung des Bundes auf den amtlichen Zweck im Zeitpunkt der Anspruchsstellung beziehungsweise über dessen Entscheidung in der letzten mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichtes ankommt. Auch ist in Nordrhein-Westfalen das negative Ausschlusskriterium der (Vor-)Entwürfe, Notizen und Vorbereitungen ebenfalls nicht Teil der Definition. Auch hier ergibt sich dies erst über die Betrachtung der Ausschlussgründe über § 7 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. c) LIFG. Dabei wird jedoch unterschieden zwischen vorbereitenden Maßnahmen, die unmittelbar der Vorbereitung dienen und Protokolle zu vertraulichen Beratungen einerseits, bei denen eine Veröffentlichung ausgeschlossen ist und andererseits zwischen Vorentwürfen und Notizen die nicht Bestandteil des Vorganges werden sollen und alsbald vernichtet werden sollen, bei denen die Veröffentlichung grundsätzlich ausgeschlossen ist aber im Ausnahmefall zugelassen werden kann (Soll-Vorschrift). Diese Definition der Information ist damit faktisch über die Ausschlussgründe weiter als die vorgenannten. Und dies in doppelter Hinsicht. Einerseits besteht bei einzelnen Entwürfen, sofern sie nicht unmittelbar der Vorbereitung dienen, die Möglichkeit der Veröffentlichung. Andererseits betrifft dies auch nicht nur Informationen, die nach Abschluss des Vorganges, sondern alsbald (weiteres zeitliches Kriterium) vernichtet werden.

In Rheinland-Pfalz werden Informationen hingegen in amtliche und Umweltinformationen (dazu sogleich) untergliedert (§ 5 LIFG). Die Definition der amtlichen Informationen entspricht dabei dem klassischen obig geschilderten Dreiklang. Jedoch erscheint durch die hier gewählte Formulierung die Beweislast für das negative Ausschlusskriterium des Entwurfs als Bestandteil eines Vorgangs umgekehrt zu sein. Während durch die negative Formulierung beispielsweise auf Bundesebene („Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen, gehören nicht dazu“) die Beweislast für das Vorliegen eines Entwurfes der nicht Bestandteil eines Vorganges werden soll der informationspflichtigen Stelle aufgebürdet, liegt die Beweislast in Rheinland-Pfalz („dies gilt für Entwürfe und Notizen nur, wenn sie Bestandteil eines Vorgangs werden sollen“) dafür, dass ein Entwurf Bestandteil eines Vorganges werden soll bei den Anspruchsteller:innen.

Auch in Thüringen (§ 3 LTG) werden Informationen als amtliche und als Umweltinformationen definiert. Die amtlichen Informationen folgen aber auch hier in der Definition dem klassischen obigen Dreiklang. Klarstellend wird lediglich zusätzlich darauf verwiesen, dass es sich um vorhandene Aufzeichnungen handeln muss.

In Schleswig-Holstein (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 LIFG) findet sich in Abkehr vom obigen Dreiklang die weitestgehende Definition. Danach handelt es sich um auf Informationsträgern vorhandene Auskünfte. Demnach wird weder die amtliche Zweckbindung noch das negative Ausschlusskriteriums des Entwurfsstadiums, dass nicht Teil des Vorganges werden soll genannt.

Im Hinblick auf Umweltinformationen, lässt sich feststellen, dass alle Länder entweder durch direkte Bezugnahme oder durch wortlaut- beziehungsweise inhaltsgleiche Wiederholung auf die Normierung in § 2 Abs. 3 BUIG rekurrieren. Es handelt sich damit stets um den gleichen Begriff der Umweltinformationen.

Comments
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?
Arne Semsrott:

typo

Maximilian Petras:

Mehr Überschriften und Literatur zum Thema wären gut