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Umweltinformationen

Published onJan 24, 2023
Umweltinformationen
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  1. Umweltinformationen i.S.v. § 2 Abs. 3 UIG Bund

Der Begriff Umweltinformation ist in § 2 Abs. 3 UIG Bund legaldefiniert, d.h. die Definition des Rechtsbegriffes ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetzestext. Die Begriffsbestimmung ist wesentlich für den Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen, da sie Inhalt und Reichweite des Anspruches nach § 3 Abs. 1 S. 1 UIG Bund festlegt.1

Zwar gilt diese Legaldefinition gem. § 1 Abs. 2 UIG Bund nur für informationspflichtige Stellen des Bundes und den bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Allerdings enthalten die entsprechenden landesrechtlichen Regelungen der Bundesländer entweder einen ausdrücklichen Verweis auf § 2 Abs. 3 UIG Bund oder eine gleichlautende Begriffsbestimmung. Daher gelten die folgenden Erwägungen zu § 2 Abs. 3 UIG Bund entsprechend auch auf landesrechtlicher Ebene.

§ 2 Abs. 3 UIG Bund stellt die nahezu wörtliche Umsetzung der europäischen Vorgabe aus Art. 2 Nr. 1 Umweltinformationsrichtlinie – Richtlinie 2003/4/EG vom 28.01.2003 – dar; es wurden lediglich Anpassungen an die nationale Rechtsterminologie vorgenommen.2 Die Definition des Begriffs Umweltinformation ist wiederum an Art. 2 Nr. 3 der Aarhus-Konvention angelehnt.3

Der Begriff Umweltinformation ist nach ständiger Rechtsprechung4 weit, d.h. bis an die Grenze des möglichen Wortsinns auszulegen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des Gebots zur völker- und europarechtsfreundlichen Auslegung. § 2 Abs. 3 UIG Bund ist mithin auch im Lichte der Aarhus-Konvention und der Umweltinformationsrichtlinie auszulegen und anzuwenden.5

Die Hintergründe für die weite Auslegung finden sich im Entstehungsprozess der aktuellen Umweltinformationsrichtlinie. Nach der Vorgängerversion dieser Richtlinie6 galten als Umweltinformationen

alle in Schrift-, Bild-, Ton- oder DV-Form vorliegenden Informationen über den Zustand der Gewässer, der Luft, des Bodens, der Tier- und Pflanzenwelt und der natürlichen Lebensräume sowie über Tätigkeiten (einschließlich solcher, von denen Belästigungen wie beispielsweise Lärm ausgehen) oder Maßnahmen, die diesen Zustand beeinträchtigen oder beeinträchtigen können, und über Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz dieser Umweltbereiche einschließlich verwaltungstechnischer Maßnahmen und Programme zum Umweltschutz.

Ähnlich lautete die Definition in der alte Fassung des Umweltinformationsgesetztes7 (vgl. § 3 Abs. 2 UIG Bund a. F.). Durch die Unterzeichnung der Aarhus-Konvention verpflichtete sich die Europäische Union zur Umsetzung der durch Konvention vorgegebenen Mindeststandards und damit der dort vereinbarten Definition des Begriffs Umweltinformation. Zwar wies bereits die Vorgängerrichtlinie eine weit gefasste Begriffsbestimmung auf.8 In der Praxis führte dies bei den Mitgliedstaaten dennoch dazu, dass der Begriff eng ausgelegt wurde.9 Um dem entgegenzuwirken, erschien der Europäischen Kommission daher eine umfassendere und ausdrücklichere Begriffsbestimmung zweckmäßig.10

Allerdings hat auch die weite Auslegung ihre Grenzen. So gewährt das UIG kein allgemeines und unbegrenztes Zugangsrecht zu allen bei den Behörden verfügbaren Informationen, die auch nur den geringsten Bezug zu einem Umweltgut haben. Vielmehr müssen die begehrten Informationen zu einer oder mehreren der in § 2 Abs. 3 UIG Bund angegebenen Kategorien gehören.11 Die in § 2 Abs. 3 Nr. 1 bis Nr. 6 UIG Bund aufgezählten Kategorien sind daher – trotz des Gebots der weiten Auslegung – in sich abschließend.12

Daten

Der Begriff Umweltinformation wird im Umweltinformationsgesetz des Bundes definiert als Daten über die in den Nummern 1 bis 6 genannten Verhältnisse.13 Es werden alle Daten unabhängig von der Art ihres Speichermediums erfasst.14 Erforderlich ist lediglich, dass die Daten irgendwo niedergelegt bzw. gespeichert sind.15 Auch analoge Arten der Speicherung wie etwa Papier oder Lochkarten werden hiervon umfasst.16 Der Gesetzgeber greift hinsichtlich des Begriffs Speichern auf die Definitionen im Datenschutzrecht zurück.17 Angelehnt an § 3 Abs. 4 Nr. 1 BDSG a.F. verstand man hierunter das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren von (personenbezogenen) Daten auf einem Datenträger zum Zwecke ihrer weiteren Verarbeitung oder Nutzung.18 Nach der umfassenden Novellierung des Datenschutzrechts im Jahre 2018 stellt das Speichern nunmehr gem. Art. 4 Nr. 2 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) einen Unterfall der Verarbeitung dar und meint das Aufbewahren (engl. storage), insbesondere auf einem Datenträger.19 Der Grundsatz der weiten Auslegung gilt nach allgemeiner Auffassung auch für den Begriff der Daten.20

Die europäische Umweltinformationsrichtlinie verwendet bei gleicher Bedeutung eine andere Terminologie: Sie knüpft an den Begriff der Information an und nennt in Art. 2 Nr. 1 dabei beispielhaft verschiedene Formen – schriftlich, visuell, akustisch, elektronisch – in welcher Informationen vorliegen können.21 Der Zusatz „sonstige materielle Form“ impliziert, dass die vorgenannte Aufzählung nicht abschließend ist.

Sowohl die deutsche als auch europäische Fassung sind hinsichtlich der Art des Informationsträgers entwicklungsoffen.22

Zustand von Umweltbestandteilen (Nr. 1)

Gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG Bund sind Umweltinformationen alle Daten über den Zustand von Umweltbestandteilen sowie die Wechselwirkung zwischen diesen Bestandteilen. Zu den im Gesetzestext beispielhaft aufgezählten Umweltbestandteilen gehören: Luft, Atmosphäre, Wasser, Gewässer, Boden, Land, Landschaft, Natürliche Lebensräume, Artenvielfalt und gentechnisch veränderte Organismen.23 Die Aufzählung ist nicht abschließend.24 Die explizite Erwähnung gentechnisch Veränderter Organismen, lässt den Rückschluss auf einen erweiterten, über die natürliche Umwelt hinausgehenden, Umweltbegriff zu.25 Daher können die in Nr. 1 genannten Umweltbestandteile durch fach- und bereichsspezifische Terminologien und dazu ergangenen Fachgesetzten konkretisiert werden.26

Der Begriff Zustand impliziert zunächst einen gegenwärtigen Status quo.27 Dies würde jedoch Erkenntnisse über vergangene oder zukünftige Zustände von Umweltbestanteilen vom Zugangsanspruch ausschließen.28 Damit Bürger*innen vom Zugangsanspruch effektiv Gebrauch machen können und so wirksam zum Umweltschutz beitragen können, ist auch dieser Begriff weit auszulegen und auf vergangene sowie zukünftige Zustände auszudehnen.29

Neben den Zuständen von Umweltbestandteilen sind auch Informationen über deren Wechselwirkungen untereinander erfasst. Diese Bestimmung erkennt an, dass die Wechselwirkungen zwischen den Umweltbestandteilen ebenso wichtig sind wie die Bestanteile selbst.30

Luft und Atmosphäre

Luft und Atmosphäre sind ein Begriffspaar31 und tauchen so auch in der Aarhus-Konvention auf (‚air and atmosphere‘). Luft bezeichnet im allgemeinen Sprachgebrauch das Gasgemisch der Erdatmosphäre, wobei Luft neben verschiedenen Gasen auch feste und flüssige Teilchen (sog. Aerosole) sowie Staub und biologische Teilchen (z. B. Pollen oder Pilzsporen) enthält.32 Der Begriff Atmosphäre verdeutlicht dabei, dass die gesamte Lufthülle der Erde in ihrer vertikalen Ausrichtung gemeint ist.33 Das heißt, dass alle fünf Atmosphäreschichten – Troposphäre, Stratosphäre, Thermosphäre sowie Exosphäre – umfasst sind.34 Meteorologische Daten sowie Daten über das Klima stellen nach dieser Definition Umweltinformationen im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG Bund dar.35

Zu der Frage, ob auch die Luft in Innenräumen vom Umweltinformationsbegriff umfasst ist, gibt es mehrere Auffassungen.

Ausgehend vom Wortlaut sowie dem Grundsatz der weiten Auslegung ist dies möglich. Die Aarhus-Konvention lädt insoweit die Vertragsparteien ein, auch die Innenraumluft in die Begriffsbestimmung miteinzubeziehen.36 Gleichzeitig weist der Aarhus-Convention Implementation Guide darauf hin, dass fach- und bereichspezifische Definitionen aus internationalen Abkommen für die Auslegung der Begriffe von Bedeutung sein können.37

Die verneinende Ansicht meint, dass die Begriffe im Sinne des Umweltrechts ausgelegt werden müssen, da Zweck des Umweltinformationsrechts der Umweltschutz sei.38 So definiere die Richtlinie 2008/50/EG vom 21.05.2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa in ihrem Art. 2 Nr. 1 Luft als die Außenluft der Troposphäre mit Ausnahme von Arbeitsplätzen, an denen Bestimmungen für den Gesundheitsschutz gelten.39 Im Umweltverträglichkeitsprüfung- und Immissionsschutzrecht existieren ebenfalls Begriffsbestimmungen, die die Innenraumluft von ihrem Geltungsbereich ausschließen.40 Zudem spreche der Aarhus-Convention Implementation Guide lediglich von einer „Einladung“ an die Konventionsparteien auch die Innenraumluft in die Definition mitaufzunehmen; dieser seien weder der europäische noch der nationale Gesetzgeber gefolgt.41

Die bejahende Ansicht stellt demgegenüber fest, dass das UIG bzw. die UIRL nicht lediglich den Umweltschutz zum Zweck hat. Vielmehr geht es auch darum – wie § 2 Abs. 3 Nr. 6 UIG Bund verdeutlicht –, Transparenz über den Einfluss von Umwelteinflüssen auf die menschliche Gesundheit herzustellen.42 Dass die Zusammensetzung und Qualität der Luft in Innenräumen Einfluss auf die menschliche Gesundheit haben kann, ist wissenschaftlich erwiesen.43 Darüber hinaus lassen sich die oben genannten Beispiele nicht widerspruchsfrei in den Wortlaut des Umweltinformationsgesetzes bzw. der Umweltinformationsrichtlinie integrieren. Die Richtlinie 2008/50/EG verwendet in ihrer englischen Fassung statt ‚air‘ den Begriff ‚ambient air‘ (deutsch: Außenluft) und definiert diesen als ‚outdoor air excluding workplaces‘. Zudem schließt das Bundesimmissionsschutzgesetz die Innenraumluft zwar aus ihrem Schutzbereich aus, dies allerdings nur, weil § 1 BImSchG insoweit von „Atmosphäre“ und nicht von „Luft“ spricht.44

Wasser und Gewässer

Der Begriff Wasser meint schlicht das Element sowie dessen Bestandteile.45 Unter Gewässer versteht man alle ober- und unterirdischen Teile der Erdoberfläche, die nicht nur vorübergehend mit Wasser bedeckt sind und in den natürlichen Wasserkreislauf eingebunden sind.46

Weder auf internationaler noch auf europäischer Ebene gibt es einen Hinweis darauf, dass zwischen Wasser und Gewässer unterschieden wird: Die Aarhus-Konvention, die Umweltinformationsrichtlinie sowie die Vorgängerrichtlinie47 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt verwenden – auch in ihren deutschen Übersetzungen – nur den Begriff Wasser. § 3 Abs. 2 Nr. 1 UIG a. F.48, welche die nationale Umsetzung der Vorgängerrichtlinie darstellt, verwendete dagegen nur den Begriff des Gewässers. Dieser stand stets im Zentrum des deutschen Wasserhaushaltsgesetzes (WHG), weshalb zur Begriffsbestimmung auf seinen Gewässerbegriff aus § 1 Abs. 1 WHG a. F.49 zurückgegriffen wurde.50 Diese Norm bestimmte, dass die Regelungen des WHG a. F. auf oberirdische Gewässer sowie das Grundwasser anzuwenden seien. Während der Geltung der alten Fassung des UIG war daher streitig, ob der Begriff Gewässer auch Trinkwasser sowie Wasser in Kanalisationen, Abwasserleitungen und -aufbereitungsanlagen meint. Dieser Streit ist durch die Ergänzung um den Begriff Wasser nunmehr obsolet geworden51, das heißt, dass auch Informationen hierüber unter das UIG fallen.

In den Kommentierungen zum UIG Bund wird teilweise immer noch angenommen, dass mit Wasser zunächst die Gewässer im Sinne von § 2 Abs. 1 WHG gemeint seien52, d.h. oberirdische Gewässer, Küstengewässer und Grundwasser. Genau genommen stellt die Norm keine Definition des Begriffs Gewässer dar, sondern legt lediglich fest, auf welche Art von Gewässern das WHG anzuwenden ist.53 Der Begriff Gewässer wird vom WHG im Übrigen weder definiert noch durch die Aufzählung in § 2 Abs. 1 WHG abschließend determiniert.54

Beispiele für Informationen über den Zustand von Wasser und Gewässer:55

  • Lage eines Grundstücks in einer Wasserschutzzone56

  • Niederschriften von Sitzungen einer Grundwasserkommission57

  • Untersuchungen zu Mineralwassern58

Dagegen sind keine Informationen über den Zustand von Wasser und Gewässer:

  • Informationen über die Existenz und Lage von Grundwassermessstellen59

Boden, Land, Landschaft, Natürliche Lebensräume

§ 2 Abs. 1 Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) definiert Boden als die obere Schicht der Erdkruste einschließlich der flüssigen und gasförmigen Bestandteile, unter Ausschluss des Grundwasser und Gewässerbetten.60 Allerdings ist der Begriff Boden im BBodSchG funktional und nicht räumlich definiert, d.h. man spricht von Boden im Sinne dieses Gesetzes, soweit er Träger von Bodenfunktionen im Sinne von § 2 Abs. 2 BBodSchG ist.61 Da der Boden auch eine Nutzungsfunktion als Rohstofflagerstätte erfüllt, § 2 Abs. 3 lit. a) BBodSchG, sind vom Bodenbegriff auch Bodenschätze im Sinne von § 3 BbergG umfasst. Im Übrigen dürften aufgrund des Grundsatzes der weiten Auslegung auch Teile der Erdoberfläche umfasst sein, die nicht eine Bodenfunktion im Sinne des BBodSchG erfüllen.62

Beispiele für Informationen über den Zustand von Böden sind:63

  • Messlinien und Messdaten nach § 125 BBergG zur Ermittlung von Bewegungen und Veränderungen an der Tagesoberfläche64

  • Das Grubenbild nach § 63 Abs. 2 BBergG, § 9 Abs. 1 MarkschBergV65

  • Dioxinbelastungen in Tongruben66

  • Belastung von Böden mit Kampfmitteln67

Dagegen sind keine Informationen über den Zustand von Böden:

  • Informationen zur Entwicklung und Veräußerung von Wegeparzellen68

  • Informationen über Eigentumsverhältnisse an Grundstücken69

Landschaft ist ein individuell geprägter, abgrenzbarer Teilraum der Erdoberfläche.70 Informationen über das Aussehen, die Gestaltung der Landschaft sowie Veränderungen des Landschaftsbildes71 fallen unter diesen Begriff.

Der natürliche Lebensraum wird in Art. 1 lit. b der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie72 definiert als durch geographische, abiotische und biotische Merkmale gekennzeichnete völlig natürliche oder naturnahe terrestrische oder aquatische Gebiete.73 Damit umfasst der Begriff zunächst den Bereich, wo Tier- und Pflanzenarten ohne menschliche Eingriffe vorkommen.74 § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG Bund enthält die Klarstellung, dass hierzu auch Feuchtgebiete sowie Küsten- und Meeresgebiete gehören.75

Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich gentechnisch veränderte Organismen

Im allgemeinen Sprachgebrauch drückt der Begriff Artenvielfalt die Anzahl biologischer Arten innerhalb eines bestimmten Lebensraumes oder eines geographisch begrenzten Gebietes aus.76 Hierbei kann man grob zwischen Flora und Fauna differenzieren.77 In der alten Fassung des UIG Bund78 war noch vom Zustand der Tier- und Pflanzenwelt die Rede (in der engl. Fassung der europäischen Vorgängerrichtlinie79: ‚fauna, flora‘). Dem Begriff der Tier- und Pflanzenwelt ist nunmehr der engere Begriff der Artenvielfalt gewichen.

Die Artenvielfalt im Sinne des UIG Bund umfasst nach herrschender Meinung nur die Vielfalt wildlebender Pflanzen und Tiere.80 Der Zusatz „ihre Bestandteile“ verdeutlicht dabei, dass – neben ihrer Vielfalt – auch Informationen über die wildlebenden Arten an sich umfasst sind.81 Dies schließt begrifflich Haus- und Nutztiere oder auch menschlich gezüchtete Kultur- und Nutzpflanzen aus.82 Informationen zu tierschutzrechtlichen Verstößen bei Nutz- und Schlachttieren sind daher keine Informationen über den Zustand der Artenvielfalt im Sinne des UIG Bund.83 Sie unterfallen nicht dem Schutzgut des Artenschutzes, der sich hinter dem Begriff der Artenvielfalt verbirgt.84 Vielmehr stehe deren wirtschaftliche Nutzung im Vordergrund.85 Daten über die Haltungsbedingungen des Großen Tümmlers in einem Zoo sind Umweltinformationen, da sie unter Artenschutz stehen und ihre Haltung im Zoo eine Maßnahme darstellt, die im Hinblick auf die rechtliche Aufgabenstellung eines Zoos insbesondere bei gesetzlich geschützten wildlebenden Tierarten von Rechts wegen eine Auswirkungen auf die Artenvielfalt hat.86

Im Übrigen gehören zur Artenvielfalt auch sämtliche Organismen und Mikroorganismen, wie sie in § 3 Nr. 1 und Nr. 1 lit. a) Gentechnikgesetz definiert sind.87 Hiernach sind gentechnisch veränderten Organismen mit Ausnahme von Menschen solche, deren genetisches Material in einer Weise verändert worden ist, wie sie unter natürlichen Bedingungen durch Kreuzen oder natürliche Rekombination nicht vorkommt.

Umweltfaktoren (Nr. 2)

Zu den Umweltfaktoren zählen nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG Bund Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung, Abfälle aller Art sowie Emissionen, Ableitungen und sonstige Freisetzungen von Stoffen in die Umwelt. Die Formulierung „Umweltfaktoren wie […]“ deutet darauf hin, dass die Aufzählung der genannten Faktoren beispielhaft und nicht abschließend ist.88 Die einzelnen Faktoren lassen sich wiederum nicht sinnvoll voneinander abgrenzen. Denn zum einen überschneiden sich die Begriffe inhaltlich. Zum anderen werden zur Begriffsbestimmung teilweise umweltrechtliche Definitionen verwendet, teilweise naturwissenschaftliche.

Die – im Folgenden näher erläuterten – Umweltfaktoren müssen sich auf den Zustand eines oder mehrerer Umweltbestanteile im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG Bund auswirken oder wahrscheinlich auswirken. Ob sich ein Umweltfaktor auf ein oder mehrere Umweltbestandteile auswirkt oder wahrscheinlich auswirkt, ist keine Rechts- sondern eine Tatsachenfrage. Da es sich bei der Umweltinformation gemäß § 2 Abs. 3 UIG Bund um ein den Zugangsanspruch begründendes Tatbestandsmerkmal handelt, trägt grundsätzlich der/die Antragsteller*in die Darlegungslast für dessen Vorliegen. So tragen auch Antragsteller*innen für die Tatsache des (möglichen) Wirkungszusammenhanges die Darlegungslast. Die Anforderungen hieran sind nicht hoch89, da – wie der Wortlaut verdeutlicht – ein potenzieller Wirkungszusammenhang ausreicht90. Maßstab hierfür ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung der allgemeine ordnungsrechtliche Wahrscheinlichkeitsmaßstab.91 Dieser Maßstab besagt, dass die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts erforderlich ist.92 Für die Umweltfaktoren bedeutet dies, dass ein sicherer Nachweis ihrer nachteiligen Auswirkungen nicht erforderlich ist; es genügt vielmehr die Möglichkeit einer Beeinträchtigung von Umweltbestandteilen. Diese Möglichkeit darf nicht nur eine theoretische sein; eher fernliegende Befürchtungen scheiden daher aus.93

Die Faktoren Lärm, Strahlung, Energie sowie Emissionen finden sich auch im Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG), genauer in den Begriffsbestimmungen nach § 3 Abs. 2 und Abs. 3 BImSchG, wieder. Das deutsche Immissionsschutzrecht differenziert zwischen Immissionen im Sinne von § 3 Abs. 2 BImSchG und Emissionen im Sinne von § 3 Abs. 3 BImSchG. In beiden Fällen handelt es sich um dieselben Umwelteinwirkungen, nämlich die in § 3 Abs. 2 BImSchG genannten Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Umwelteinwirkungen. Lediglich der Ort der Einwirkung ist ein anderer.94 Emissionen sind anlagenbezogen, d.h. die Umwelteinwirkungen werden an ihrem konkreten Austrittsort bzw. ihrer Quelle gemessen,95 während Immissionen an ihrem Einwirkungsort betrachtet werden96. Die Begriffsbestimmungen zu Immissionen und Emissionen aus dem BImSchG können teilweise im Rahmen der Umweltfaktoren im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG Bund fruchtbar gemacht werden.97

Nach der Gesetzesbegründung98 erfasst der Zugangsanspruch auch die zur Erhebung der Umweltfaktoren angewandten Messverfahren einschließlich der Verfahren zur Analyse, Probenahme und Vorbehandlung der Proben oder die Bezeichnung der angewandten standardisierten Verfahren.99

Stoffe

Unter Stoffe sind durch bestimmte chemische und physikalische Eigenschaften gegenzeichnete Substanzen zu verstehen.100 Diese Definition entspricht dem Stoffbegriff in der Chemie101, daher sind auch Reinstoffe und Gemische von § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG Bund erfasst.102 Der zu enge Stoffbegriff des Gefahrenstoffrechts, der unter Stoffe nur gemäß Art. 2 Nr. 7 der CLP-Verordnung103 nur Reinstoffe versteht104, findet insoweit keine Anwendung.105

Energie

Energie ist eine physikalische Größe, die in Joule ausgedrückt wird.106 Zu den Energieformen zählen die kinetische Energie, thermische Energie, chemische Energie, elektrische Energie, Strahlungsenergie und die potenzielle Energie.107 In der rechtswissenschaftlichen Terminologie ist der Begriff deutlich enger gefasst.108 So versteht man unter Energie im Sinne von § 3 Nr. 14 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) Elektrizität, Gas und Wasserstoff, soweit sie zur leitungsgebundenen Energieversorgung verwendet werden.109 Mithin sind nur bestimmte Formen der Energie vom EnWG umfasst.110 Welche Definition hier für das UIG Bund in Betracht kommt wird in der Literatur nicht einheitlich beurteilt.111 Rechtsprechung hierzu gibt es noch nicht.

Lärm

Lärm ist weder eine messbare physikalische Größe noch ein Rechtsbegriff.112 Vielmehr handelt es sich im allgemeinen Sprachgebrauch um eine Bezeichnung für hörbare Schallwellen, die der Mensch als störend empfindet und die mitunter gesundheitsschädlich werden können.113 Wann die Schwelle der Störung bzw. Belästigung erreicht ist, hängt vom subjektiven Empfinden des oder der Betroffenen ab.114

Schallwellen können zum einen über den für den Menschen bewerteten Schalldruckpegel (Lautstärke) in der Einheit dB (A) sowie über die Frequenz (Tonhöhe) in der Maßeinheit Hertz (Hz) ausgedrückt werden.115 Neben hörbaren (Frequenzbereich von 16 Hz bis 20.000 Hz),116 können auch nicht-hörbare tieffrequente Schallwellen vom Menschen als unangenehm empfunden werden117.

Es existieren Regelwerke für verschiedene Anwendungsbereiche, die Grenz- oder Richtwerte für Lärm festlegen, so zum Beispiel die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm), das Fluglärmgesetz (FluLärmG), die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) sowie die Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV). 118 In der Literatur wird unterschiedlich beurteilt, ob für die Frage des Vorliegens von Lärm im Sinne des UIG Bund auf die Grenz- oder Richtwerte solcher Regelungen zurückgegriffen werden muss119 oder das subjektive Empfinden des/der Antragstellers*in ausreicht120.

Beide Ansichten berücksichtigen nicht, dass sich Umweltfaktoren wie Lärm nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG Bund auf einen Umweltbestandteil auswirken müssen, wozu der Mensch nicht zählt.121 Vielmehr stellt der den Menschen störende Lärm, einen Faktor dar, der den Zustand der menschlichen Gesundheit oder die Lebensbedingungen des Menschen betrifft bzw. betreffen kann und ist mithin eine Umweltinformation im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 6 UIG Bund. Im Rahmen von § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG Bund scheint daher ein Rückgriff auf Grenz- und Richtwerte, die sich am Hörvermögen des Menschen ausrichten (so verwenden z. B. die TA Lärm, das FluLärmG sowie die 18. BImSchV den bewerteten Schalldruckpegel dB (A), der genau genommen keine objektive Messung des Schalldruckpegels darstellt, sondern das Lautstärkeempfinden des Menschen wiedergibt122 Zudem würde die Prüfung der Einschlägigkeit von Lärm nach den o. g. Grenz- bzw. Richtwerten den Prüfungsumfang der informationspflichtigen Stelle erheblich erhöhen und widerspricht darüber hinaus dem Grundsatz der weiten Auslegung.123

Strahlung

Als Strahlung bezeichnet man in der Physik die Ausbreitung von Energie in Form von Teilchenstrahlung oder elektromagnetischen Wellen.124 Insoweit stellt Strahlung genau genommen einen Unterfall des Umweltfaktors Energie dar. Zu den elektromagnetischen Wellen zählen z. B. Gamma-, Röntgen-, UV-, Infrarot-, Mikrowellen- und Rundfunkstrahlung.125

Zur Teilchenstrahlung zählen z. B. Alpha-, Beta- und Ionenstrahlung.126 Das Begriffsverständnis des BImSchG ist insoweit nicht zugrunde zu legen, da § 2 Abs. 2 S. 1 BImSchG die ionisierende Strahlung aus seinem Anwendungsbereich ausnimmt.127

Abfälle aller Art

Abfall ist ein Rechtsbegriff und umfasst im Hinblick auf § 3 Abs. 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss.128 Abfallrechtliche Entsorgungsnachweise und Begleitscheine sind hiernach Umweltinformationen.129

Emissionen, Ableitungen und sonstige Freisetzungen von Stoffen in die Umwelt

Unter Emissionen versteht man zunächst die in § 3 Abs. 3 BImSchG genannten Umwelteinwirkungen, die von Anlagen ausgehen.130 Ableiten stellt in der Rechtswissenschaft eine Benutzungsform von Grundwasser dar, § 9 Abs. 1 Nr. 5 WHG. Da diese Definition deutlich zu eng ist, wird auf die Verwendung im allgemeinen Sprachgebrauch zurückgegriffen. Hiernach bezeichnet Ableitung unter anderem das Verbringen von Flüssigkeiten.131 Die Formulierung „sonstige Freisetzungen“ deutet darauf hin, dass Emissionen und Ableitungen Fälle des Freisetzens von Stoffen in die Umwelt darstellen.132

Zwar beziehen sich die Freisetzungen nur auf Stoffe, weshalb der Begriff enger erscheint als der Emissionsbegriff nach § 3 Abs. 3 BImSchG, der ebenso Geräusche, Licht, Wärme, Strahlung und ähnliche Umwelteinwirkungen umfasst.133 Allerdings dürfte es sich hierbei um eine terminologische Ungenauigkeit handeln, da dieser Begriff sonst seine Funktion als Auffangtatbestand nicht erfüllen könnte.

Exkurs zum Emissionsbegriff im Rahmen von §§ 8, 9 UIG Bund

Der Begriff Emissionen taucht auch im Rahmen der Ablehnungsgründe, genauer in § 8 Abs. 2 S. 2 sowie § 9 Abs. 2 S. 2 UIG Bund auf. Nach diesen Vorschriften können Anträge auf Umweltinformationen über Emissionen nicht unter Berufung auf die Gründe aus

  • § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UIG Bund (Nachteilige Auswirkung auf die Vertraulichkeit von Beratungen informationspflichtiger Stellen),

  • § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UIG Bund (Nachteilige Auswirkung auf Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 und Schutzgütern im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 6)

  • § 9 Abs. 1 Nr. 1 UIG Bund (Offenbarung von personenbezogener Daten)

  • § 9 Abs. 1 Nr. 3 UIG Bund (Offenbarung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen oder Informationen, die dem Steuer- oder Statistikgeheimnis unterliegen)

  • § 9 Abs. 2 S. 1 UIG Bund (Übermittlung von Informationen an informationspflichtige Stellen durch private Dritte)

abgelehnt werden. Das Gesetz enthält insoweit bereits eine Vorrangentscheidung zugunsten des öffentlichen Interesses, sodass keine zusätzliche einzelfallbezogene Abwägung bei der Frage der Ablehnung des Informationsanspruches mehr stattfindet.134 Aufgrund des Ausnahmecharakters den Umweltinformationen über Emissionen aufweisen, scheint es daher zunächst angezeigt, den Begriff der Emissionen genau zu umreißen und von den Ableitungen und sonstigen Freisetzungen in die Umwelt abzugrenzen.

Tatsächlich weist die Gesetzesbegründung zu § 8 UIG Bund135 für den Begriff der Emissionen auf den Art. 2 Nr. 5 der inzwischen aufgehobenen IVU-Richtlinie136 hin. Hiernach bezeichnet Emission die von Punktquellen oder diffusen Quellen der Anlage ausgehende direkte oder indirekte Freisetzung von Stoffen, Erschütterungen, Wärme oder Lärm in die Luft, das Wasser oder den Boden. Diese Definition wurde wortgleich von der Nachfolgerichtlinie137 über Industrieemissionen übernommen. Dieser ausdrückliche Hinweis des Gesetzgebers hat auch das BVerwG dazu bewogen, für das UIG Bund das Begriffsverständnis der Industrieemissionsrichtlinie zugrunde zu legen.138 Im Übrigen findet sich auch im Implementation Guide der Aarhus-Konvention der Hinweis auf die Industrieemissionsrichtlinie.139 Diese Definition entspricht inhaltlich auch dem Emissionsbegriff des § 3 Abs. 3, der ebenfalls einen Anlagenbezug erfordert.140

Trotz dieser sehr eindeutigen Begrenzung des Emissionsbegriffes, hat der EuGH in zwei Entscheidungen141 einer solch engen Auslegung des Emissionsbegriffes eine Absage erteilt.142 Zur Begründung führt es aus, dass eine Begrenzung des Begriffes dem Zweck einer möglichst umfassenden Verbreitung von Umweltinformationen nicht gerecht würde.143 Darüber hinaus widerspräche es dem Wortlaut des Art. 4 Abs. 4 UAbs. 1 lit. d) der Aarhus-Konvention, nur solche Emissionen zu erfassen, die von Industrieanlagen ausgingen.144 Nach dieser Vorschrift sind Informationen über Emissionen, die für den Schutz der Umwelt von Bedeutung sind, stets anzugeben. Eine Abgrenzung zu Ableitungen und Freisetzungen sei auch nicht notwendig, da in diversen EU-Rechtsakten „Emissionen“, „Ableitungen“ und „Freisetzungen“ gleichgestellt seien.145

Die Entscheidung des EuGH vom 23.11.2016146 bezog sich konkret auf Zulassungsunterlagen eines Pflanzenschutzmittels. Er urteilte, dass das Freisetzen von Pflanzenschutzmitteln oder Biozid-Produkten sowie den in diesen Produkten enthaltenen Stoffen in die Umwelt unter den Begriff „Emissionen in die Umwelt“ falle, sofern dieses Freisetzen unter normalen oder realistischen Anwendungsbedingungen tatsächlich stattfinde oder vorhersehbar sei.147 Zudem fielen auch alle Angaben über Art, Zusammensetzung, Menge, Zeitpunkt und Ort der Freisetzung sowie die Daten über Auswirkungen, insbesondere zu Rückständen in der Umwelt nach der Anwendung des Produktes sowie Studien hierzu unter den Begriff „Informationen über Emissionen in die Umwelt“.148

Abstrakt formuliert erfassen Informationen über Emissionen im Sinne von § 8 Abs. 2 S. 2 sowie § 9 Abs. 2 S. 2 UIG Bund nach der EuGH-Rechtsprechung alle Emissionen von Gas oder anderen Stoffen in die Atmosphäre als auch ein sonstiges Freisetzen oder sonstige Ableitungen wie das Freisetzen von Stoffen, Zubereitungen, Organismen, Mikroorganismen, Erschütterungen, Wärme oder Lärm in die Umwelt, insbesondere in die Luft, das Wasser oder den Boden.149 Dies allerdings mit der Einschränkung, dass die fraglichen Emissionen des Produktes oder Stoffes unter normalen oder realistischen Anwendungsbedingungen tatsächlich vorliegen oder vorhersehbar sind; rein hypothetische Emissionen genügen nicht.150

Maßnahmen oder Tätigkeiten mit Umweltbezug (Nr. 3)

Maßnahmen oder Tätigkeiten

Das Begriffspaar Maßnahmen und Tätigkeiten im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG Bund umfasst alle menschlichen Aktivitäten, die Einfluss auf die Umwelt haben und ist weit auszulegen.151

Im Verwaltungsrecht bezeichnet der Begriff Maßnahme eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung.152 Dagegen umfasst der Begriff Tätigkeiten sämtliches menschliches Verhalten (auch Unterlassen, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln besteht), unabhängig von Grund, Ursache, Ziel und Zweck.153 Maßnahmen und Tätigkeiten sind auch solche, die subjektive Einschätzungen und Wertungen enthalten154 oder bereits vergangen sind155.

Beispiele für Maßnahmen oder Tätigkeiten:156

  • Bescheide über die Zuteilung von Emissionsberechtigungen157

  • Genehmigung und Betrieb einer Tierhaltungsanlage158

  • Ermittlungsmaßnahmen im Rahmen von Ordnungswidrigkeiten159

  • Maßnahmen des Verwaltungszwangs160

  • Stellungnahmen von Beteiligung im Rahmen von Planfeststellungsverfahren161

  • Verkehrsuntersuchungen im Zusammenhang mit einem Straßenbauvorhaben162

Auswirkung auf Umweltbestandteile oder Faktoren (lit. a)

Die Maßnahme oder Tätigkeit muss sich auf Umweltbestandteile im Sinne von Nr. 1 oder Faktoren im Sinne von Nr. 2 auswirken oder wahrscheinlich auswirken. Diesbezüglich kann auf den im Rahmen der Umweltfaktoren besprochenen ordnungsrechtlichen Wahrscheinlichkeitsmaßstab verwiesen werden. Ob sich die Maßnahme oder Tätigkeit unmittelbar oder lediglich mittelbar auswirkt, ist nicht von Belang.163 Keine Umweltinformationen stellen Maßnahmen oder Tätigkeiten dar, die vor ihrer Verwirklichung aufgegeben wurden und sich mithin nicht auf die Umwelt ausgewirkt haben.164

Schutz von Umweltbestandteilen (lit. b)

Alternativ muss die Maßnahme oder Tätigkeit den Schutz von Umweltbestandteilen im Sinne von Nr. 1 bezwecken, d.h. geeignet sein, den Zustand der Umweltbestandteile zu erhalten oder zu verbessern.165 Zu den Maßnahmen zählen nach dem Gesetzeswortlaut auch politische Konzepte, Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Abkommen, Umweltvereinbarungen, Pläne und Programme. Ausreichend ist, dass die Maßnahme den Schutz der Umweltbestandteile mittelbar bezweckt.166

Politische Konzepte im Sinne der Vorschrift sind nach dem Wortlaut der Gesetzesbegründung fertige Konzepte, die von einer Leitung der Stelle der öffentlichen Verwaltung gebilligt wurden.167 Noch im Entstehungsprozess befindliche Konzepte sind im Hinblick auf den Ablehnungsgrund aus § 8 Abs. 2 Nr. 4 UIG Bund nicht erfasst.168 Die nationale Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung169 sowie das Aktionsprogramm Umwelt und Gesundheit170 sind Beispiele für politische Konzepte.

Die Rechtsprechung stufte mehrfach Dokumente zum Atomausstieg, die im Vorfeld der 13. Atomgesetz-Novelle entstanden waren, als Umweltinformationen in diesem Sinne ein.171 Das novellierte Atomgesetz sei eine Rechtsvorschrift, die dem Umweltschutz diene. Denn wesentliches Ziel des novellierten Atomgesetzes sei, die Nutzung der Kernenergie aufgrund der damit verbundenen Risiken zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu beenden. Das Gesetz diene daher dem Schutz der Umwelt vor den Gefahren radioaktiver Strahlung. Wegen des Grundsatzes der weiten Auslegung seien aber auch Unterlagen, welche im Zusammenhang mit der AtomG Novellierung anfielen, d.h. Dokumente über die Erarbeitung, Beratung und Verabschiedung des Gesetzes, als Umweltinformationen einzustufen.172

Während Abkommen im Allgemeinen eine vertragliche Übereinkunft zwischen internationalen oder nationalen staatlichen Stellen bezeichnet,173 gehen Umweltvereinbarungen etwas weiter und fassen alle Bereiche der kooperativen Absprachen zwischen Behörde und Privatpersonen zusammen174. Beispiele für Letztere sind öffentlich-rechtliche Verträge im Sinne von §§ 54 f. VwVfG oder freiwillige Selbstverpflichtungen Privater.175

Pläne und Programme sind Instrumente des deutschen Umweltrechts in Form von Gesetzen, Rechtsverordnungen oder Satzungen, um bestimmte Umweltziele zu erreichen.176 Beispiele hierfür sind Fachpläne der Raumordnung und Landesplanung, des Naturschutzes (Landschaftsprogramme und -rahmenpläne, Landschaftspläne nach §§ 10 und 11 BNatSchG), forstliche Rahmenpläne (§ 7 BWaldG), wasserwirtschaftliche Maßnahmenprogramme und Bewirtschaftungspläne (§§ 82 und 83 WHG), Luftreinhaltepläne (§ 47 BImSchG), Lärmminderungspläne (§ 47a BImSchG), Abfallwirtschaftskonzepte und -pläne (§§ 21, 30, KrWG), Brandschutz- und Katastrophenpläne sowie die Bauleitplanung.177

Umweltberichte (Nr. 4)

Berichte zur Umsetzung des Umweltrechts sind insbesondere jene, mit denen die Mitgliedstaaten ihren Berichtspflichten nach den europäischen Umweltrichtlinien nachkommen.178 Hierzu gehören zum Beispiel die Berichte nach Art. 17 FFH-Richtlinie, Art. 26 EU-Luftqualitätsrichtlinie, § 47d BImSchG oder § 65 WHG.179 Es handelt sich bei dieser ausdrücklichen Nennung der Umweltberichte lediglich um eine gesetzgeberische Klarstellung, da Umweltberichte bereits von § 2 Abs. 3 Nr. 3 lit. b) UIG Bund erfasst sein dürften.180 Unter Nr. 4 fallen zum Beispiel Stellungnahmen des Bundesamtes für Naturschutz zu Maßnahmen in einem FFH-Gebiet.181

Kosten-Nutzen-Analysen (Nr. 5)

Unter den Umweltinformationsbegriff fallen nach dem Gesetzeswortlaut auch Kosten-Nutzen-Analysen oder sonstige wirtschaftliche Analysen und Annahmen, die zur Vorbereitung oder Durchführung von Maßnahmen oder Tätigkeiten im Sinne der Nr. 3 verwendet werden. Kosten-Nutzen-Analysen und andere wirtschaftliche Analysen sind Instrumente zur Bestimmung der wirtschaftlichen Realisierbarkeit von Projekten mit Umweltbezug.182 Da sie den Entscheidungsprozess der öffentlichen Hand wesentlich beeinflussen, haben solche Analysen mittelbar Einfluss auf Maßnahmen und Tätigkeiten im Sinne von Nr. 3.183 Die Pflicht zur Durchführung solcher Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen ergibt sich für den Bund aus § 7 Abs. 2 Bundeshaushaltsordnung (BHO).184 Da die Vorschrift Bürger*innen ermöglichen soll, die inhaltliche Richtigkeit einer auf Grundlage der Kosten-Nutzen-Analyse getroffenen Entscheidung zu überprüfen, sind nicht nur die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Analyse Umweltinformationsbegriff erfasst, sondern auch die zugrunde gelegten Faktoren.185

Darüber hinaus fallen unter Nr. 5 auch Informationen zur Finanzierung des Vorhabens oder die Finanzkraft des Vorhabenträgers186 sowie Kosteneinzelberechnungen für Bauprojekte, die dazugehörigen Entwurfshefte mit entsprechenden Bauabschnittsheften, Kostenhefte, Kostenübersichten oder Kostenschätzung oder Nutzen-Kosten-Untersuchung für Bahnprojekte, unabhängig davon, ob diese in den Planfeststellungsbeschluss Eingang gefunden haben187.

Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit, die Lebensbedingungen des Menschen sowie Kulturstätten und Bauwerke (Nr. 6)

Nach § 2 Abs. 3 Nr. 6 UIG Bund unterfallen dem Umweltinformationsbegriff auch alle Daten über den Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit, die Lebensbedingungen des Menschen sowie Kulturstätten und Bauwerke, soweit sie jeweils vom Zustand der Umweltbestandteile im Sinne von Nr. 1 oder von Faktoren, Maßnahmen oder Tätigkeiten im Sinne der Nrn. 2 und 3 betroffen sind oder sein können; hierzu gehört nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut auch die Kontamination der Lebensmittelkette.

Angelehnt an die Definition der WHO ist die menschliche Gesundheit weit zu verstehen und beschreibt einen Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen.188

Zu den Daten über die menschliche Sicherheit zählen Informationen über gesundheitsgefährdende Substanzen (z. B. Giftstoffe), Faktoren (z. B. Strahlung) oder andere natürliche oder menschliche erzeugte Bedingungen, die die menschliche Gesundheit durch die Einwirkung auf Umweltgüter beeinträchtigen.189 Hierunter fällt auch die Kontamination der Lebensmittelkette, wie vom Gesetzgeber klargestellt.190 Kontamination ist die Verunreinigung von Lebensmitteln durch unerwünschte oder schädliche Stoffe.191 Lebensmittel sind gem. Art. 2 der Lebensmittelbasisverordnung192 wiederum Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden.193 Im Hinblick auf das Ziel einer Harmonisierung des Lebensmittelrechts auf europäischer Ebene, scheint es angezeigt die Definition der Lebensmittelbasisverordnung zugrunde zu legen.194 Die Rechtsprechung stufte Angaben über die Dioxinbelastung von Futtermitteln,195 die Belastung von Mineralwasser mit Uran196 sowie Rückstände von Pflanzenschutzmitteln auf Lebensmitteln197 als Kontamination der Lebensmittelkette ein.198

Zu den Lebensbedingungen des Menschen, die weit zu verstehen sind, zählen nach dem Aarhus-Konvention Implementation Guide199 die Wasser- und Luftqualität, Wohn- und Arbeitsbedingungen, der relative Wohlstand sowie verschiedene soziale und sozioökonomische Bedingungen.200

Bauwerke sind sämtliche durch Menschenhand geschaffene, künstliche Bauten, während Kulturstätten eine besondere historische, volkskundliche, städtebauliche oder wissenschaftliche Bedeutung für die Allgemeinheit haben.201

Alle hier zitierten Quellen finden sich in der digitalen Literaturdatenbank.

Comments
21
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Andreas Different:

s.o.

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Andreas Different:

hier wird der Inhalt des Gesetzes wiedergegeben

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Andreas Different:

Hier wird wieder nicht so ganz klar, was das Gesetz sagt: ich vermute, es bezieht sich auch auf Maßnahmen - vielleicht sollte man den Gesetzestext am Anfang kurz zusammenfassen oder an solchen Stellen noch mal Bezug nehmen. Badeseetheorie: Man muss sowas am Badeseee lesen können und verstehen.

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Andreas Different:

ähnlich BImSchG

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Andreas Different:

Weclhe Ausnahmen gelten denn allgemein?

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Andreas Different:

Der Abfallbegriff ist seit Jahrzehnten umstritten - ich würde darauf hinweisen, aber mich aus der ermüdenden Diskussion heraushalten.

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Andreas Different:

die eigene Meinung würde schon interessieren.

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Andreas Different:

Das spricht für eine weitere Auslegung von Infos über Artenvielfalt

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Andreas Different:

Die Verwendung von angebauten Pflanzen kann aber uch Auswirkunen auf die Artenvielfalt haben, nämlich, wenn deren Lebensraum beschnitten wird oder wenn die Gefahr von genetischen Veränderungen besteht. Ich würde die h.M. da kritisieren.

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Andreas Different:

Fauna und Flora umfasst auch die domestizierten Tiere und angebauten Pflanzen? wieso gehören die nicht zu den Arten?

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Andreas Different:

Ist der wirklich enger? Ich würde ihn nur als moderner bezeichnen. Wenn ich Infos erhalte, welche Arten existieren, weiß ich auch, welche Tiere und Pflanzen vorkommen.

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Andreas Different:

das ist gut so!

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Andreas Different:

vielleicht sollte das nach oben. Was Daten sind ist eigentlich eher klar, als was geschützt wird.

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Andreas Different:

Unterscheidet sich das dann von dem deutschen Begriff?

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Andreas Different:

sowas gibt es noch - die Verwaltung ist ja langsam bei der Digitalisierung, aber Lochkarten?

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Andreas Different:

siehe oben

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Andreas Different:

und in der neuen? - Texte sollten verständlich sein, ohne dass man erst ins Gesetz schaut

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Andreas Different:

welche sind das?

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Andreas Different:

Sollte man vielleicht erklären oder mit einem Beispiel erläutern

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Friedrich Kersting:

er? der EuGH?

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Layla Ansari:

Stimmt, danke!

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Thorsten Weigert:

Bestandteile

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Layla Ansari:

Wird korrigiert, danke!