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Öffentliche Belange I - Geheimschutzvorschriften

Published onJan 29, 2023
Öffentliche Belange I - Geheimschutzvorschriften
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A. Einleitung

Mit Inkrafttreten der Informationszugangsgesetze kehrten sich Bund und Länder sukzessive von der exekutiven Regelgeheimhaltung ab. Diese Grundsatzentscheidung zugunsten der Zugänglichkeit von Verwaltungsinformationen steht in Konflikt mit speziell normierten Geheimhaltungsgründen, denen keine Verwaltungspraxis, sondern eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung zugrunde liegt. Ist eine Information sowohl Gegenstand eines Informationszugangsanspruchs als auch einer Geheimhaltungspflicht, bedarf es klarer Regelungen zum Vorrang eines oder der Abwägung beider Interessen. Im IFG des Bundes soll § 3 Nr. 4 diese Funktion erfüllen.

B. Allgemeines

I. Inhalt

Gem. § 3 Nr. 4 IFG1 besteht der allgemeine Zugangsanspruch aus § 1 Abs. 1 S. 1 IFG nicht, wenn die erfragten Informationen Gegenstand einer Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht sind. Die Grundaussage ist: Der Schutz staatlicher Geheimnisse geht der Informationsfreiheit vor. § 3 Nr. 4 IFG fungiert dabei als Rezeptionsnorm für spezialgesetzliche Geheimhaltungsvorschriften.2 Einen eigenen Geheimnisbegriff kennt das IFG hingegen nicht. Vielmehr wird auch jeder neue, nach Inkrafttreten des IFG geschaffene Geheimnisschutztatbestand pauschal rezipiert.3 Das gilt ebenfalls für Vorschriften des Landesrechts.4 Die beachtlichen Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflichten können einer Rechtsvorschrift (Var. 1), der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VSA, Var. 2), einem Berufsgeheimnis (Var. 3) oder einem besonderen Amtsgeheimnis (Var. 4) entspringen. Jede dieser Varianten erfordert eine formale Rechtsvorschrift, um den Anwendungsbereich des § 3 Nr. 4 IFG nicht ausufern zu lassen.5

II. Kritik an § 3 Nr. 4 IFG

1. Mangelhafte Systematik

Die Gesamtheit der in § 3 IFG normierten Ausnahmetatbestände hat sich den Vorwurf fehlender Systematik zugezogen.6 Insbesondere die Ausnahmetatbestände zum Schutz von Sicherheitsinteressen überschneiden sich erheblich.7 Schon kurz nach Inkrafttreten des IFG wurde auf die kaum mögliche Abgrenzbarkeit von § 3 Nr. 1c IFG und § 3 Nr. 2 IFG hingewiesen, die die innere und äußere, bzw. die öffentliche Sicherheit schützen.8 Hier reiht sich auch § 3 Nr. 4 IFG ein, der über den Umweg des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SÜG) ebenfalls die Sicherheitsinteressen des Bundes und der Länder vor Gefahren durch Bekanntwerden als Verschlusssachen eingestufter Informationen schützt. Solche Doppelungen bergen die Gefahr erschwerter Anwendbarkeit des IFG. Wenn schon Informationsrechtler*innen die Unübersichtlichkeit bemängeln, werden erst recht juristisch nicht ausgebildete Bürger*innen abgeschreckt. Sie verzichten möglichweise auf die Antragstellung, was dem Gesetzeszweck eines möglichst niedrigschwelligen Informationszugangs zur Stärkung demokratischer Beteiligungsmöglichkeiten9 massiv zuwiderläuft.

2. Behördliche Bindung an Vorliegen eines Geheimschutzgrundes

Wie alle Ausnahmeanordnungen des § 3 IFG ist auch § 3 Nr. 4 IFG als absoluter Schutz des betroffenen Interesses ohne Abwägungsmöglichkeit mit dem Informationsinteresse konzipiert.10 Ebenso wenig wird die Gefährdung des Schutzguts der fachgesetzlichen Geheimhaltungsvorschrift geprüft.11 Das IFG übernimmt damit pauschal die Geltung solcher Geheimhaltungsvorschriften, die nicht unter Berücksichtigung der IFG-Ziele geschaffen wurden.12

Das lässt sich nicht durchhalten, wenn man mit dem BVerfG die Aufnahme amtlicher Informationen in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG bejaht.13 Das BVerfG sieht Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG als normgeprägtes Grundrecht und § 1 Abs. 1 S. 1 IFG als für Verwaltungsinformationen prägende Norm.14 Der Schutzbereich der Informationsfreiheit umfasst daher seit Einführung des IFG im Jahr 2006 Verwaltungsvorgänge grundsätzlich unabhängig von den Einschränkungen der §§ 3 – 6 IFG.15 Eingriffe in die Grundrechte des Art. 5 Abs. 1 GG müssen dem Gesetzesvorbehalt aus Art. 5 Abs. 2 GG genügen. Die Wechselwirkungslehre des BVerfG verstärkt das Gewicht der Kommunikationsfreiheiten bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne.16 Das BVerfG formuliert damit eine besondere Ausprägung der verfassungskonformen Auslegung wie sie auch für die übrigen Grundrechte anerkannt ist.17 Die allgemeinen Gesetze werden im Licht der Kommunikationsfreiheiten ausgelegt und der Eingriffszweck mit ihr abgewogen.18 Geheimnisschutz ist kein Selbstzweck; das durch die Geheimhaltung geschützte Interesse muss erst benannt und auf seine grundgesetzliche Relevanz geprüft werden. § 3 Nr. 4 IFG lässt sich wegen seiner unterschiedlichen Varianten nicht auf einen einheitlichen mittelbaren Schutzzweck herunterbrechen. Zu den Schutzgütern der rezipierten Normen zählen die effektive Aufgabenerledigung der Verwaltung, Grundrechte Dritter und (Sicherheits-)Interessen des Bundes und der Länder. Auch hochrangigen Schutzgütern kann aber kein Vorrang a priori zugesprochen werden.19 Erschwerend kommt hinzu, dass es regelmäßig nur um die potentielle Einschränkung des entgegenstehenden Interesses geht. Ein Eingriff in die Informationsfreiheit tritt durch die Ablehnung des IFG-Antrags aber in jedem Fall ein. Der Wortlaut des § 3 Nr. 4 IFG bietet mangels unbestimmter Rechtsbegriffe und mit der ausdrücklichen Anordnung einer gebundenen Entscheidung („besteht nicht“) kein Einfallstor für eine verfassungskonforme Auslegung. Ohne Differenzierungs- und Abwägungsmöglichkeit ist § 3 Nr. 4 IFG daher verfassungswidrig und muss unbedingt gesetzgeberisch nachgebessert werden, um die widerstreitenden Interessen im Einzelfall in praktische Konkordanz bringen zu können.

3. Gefahr der Schaffung faktischer Bereichsausnahmen

Im Kontext von Informationsfreiheitsgesetzen bezeichnen Bereichsausnahmen die Aussparung ganzer Verwaltungszweige von der Informationspflicht.20 Derart generelle Ausnahmen vom allgemeinen Zugangsanspruch, die einer Einzelfallprüfung nicht zugänglich sind, lassen sich mit einem modernen Informationsfreiheitsverständnis nicht vereinbaren.21 Ihre Erforderlichkeit ist selbst im sensiblen Fall der Sicherheitsbehörden bestreitbar.22 Letztere stellen über § 3 Nr. 8 IFG auch die einzige echte Bereichsausnahme des IFG dar. Darin werden Nachrichtendienste und behördliche Stellen, die vergleichbare sicherheitsempfindliche Tätigkeiten vornehmen, von der Informationspflicht befreit. Um diese bewusste Entscheidung des Gesetzgebers nicht zu unterlaufen, dürfen die übrigen Ausnahmetatbestände in der Rechtsanwendung nicht zu faktischen Bereichsausnahmen ausgeweitet werden.23 In Verbindung mit spezialgesetzlichen Geheimhaltungsvorschriften besteht für § 3 Nr. 4 IFG in der Tat eine solche Gefahr: in der Verwaltungspraxis wird teilweise versucht, ganze Tätigkeitsfelder darunter zu fassen und so gesetzgeberisch nicht gewollte Bereichsausnahmen zu schaffen.24 Um die legislative Absicht nicht zu unterlaufen, prüft die informationspflichtige Stelle immer, ob die Voraussetzungen der spezialgesetzlichen Geheimhaltungsvorschriften im Einzelfall vorliegen.25

C. Die einzelnen Ausnahmetatbestände

I. Rechtsvorschrift (Var. 1)

In seiner ersten Variante nimmt § 3 Nr. 4 IFG solche Informationen vom allgemeinen Zugangsanspruch aus, die einer durch Rechtsvorschrift geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht unterliegen.

1. Allgemeines

Rechtsvorschriften i. S. d. § 3 Nr. 4 Var. 1 IFG sind, parallel zu § 1 Abs. 3 IFG, materielle Rechtsnormen mit Außenwirkung.26 Die Gesetzesbegründung möchte das Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG), das Bundesverfassungsschutzgesetz, das Bundesnachrichtendienstgesetz, die Strafprozessordnung, das Ordnungswidrigkeitengesetz, das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen sowie das Bundesbank- und das Kreditwesengesetz als Rechtsvorschriften i. S. d. § 3 Nr. 4 Var. 1 IFG verstanden wissen.27 Folge der tatbestandlichen Anknüpfung an außerhalb des IFG liegende Geheimhaltungsnormen ist, dass die informationspflichtige Behörde die fachgesetzlichen Voraussetzungen im Rahmen des § 3 Nr. 4 Var. 1 IFG prüfen muss.28

2. Untergesetzliche Normen als Rechtsvorschriften i. S. d. § 3 Nr. 4 IFG

Die von untergesetzlichen Normen angeordnete Geheimhaltung kann von § 3 Nr. 4 Var. 1 IFG erfasst sein, wenn sie wiederum auf einer gesetzlichen Ermächtigung beruhen, die den Geheimschutz vorgibt.29 In diesem Sinn hat das BVerwG die Ermächtigung zum Erlass einer Satzung aus § 5 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 FinDAG, in der die Pflichten der Organe der BaFin zu regeln sind, als Konkretisierungsbefugnis für den Ausschluss der Öffentlichkeit und die Einweihung weitergehender Verschwiegenheitspflichten als von § 11 FinDAG vorgesehen, ausreichen lassen.30 Geheimhaltungsregeln sind typische Satzungs- oder Geschäftsordnungsmaterien.31 Im Wortlaut des § 5 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 FinDAG waren Regelungen über Vertraulichkeit und Geheimschutz allerdings nicht angelegt, sodass erhebliche Zweifel bestehen, ob noch von einer durch Rechtsvorschrift geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht gesprochen werden kann.

Das BVerwG hat hingegen im selben Urteil festgestellt, dass Geschäftsordnungen, die gerade keine Regelung über das Verhältnis zwischen Bürger*in und Staat enthalten, mangels Außenwirkung keine Rechtsvorschriften i. S. d. § 3 Nr. 4 Var. 1 IFG sein können.32 Es hat ebenso die Rechtsauffassung der Vorinstanz abgelehnt, es bedürfe eines Geheimhaltungsinteresses im Einzelfall.33 Vielmehr soll die Notwendigkeit einer Einzelfallprüfung von der konkreten Norm abhängen, die die Geheimhaltungspflicht statuiert: nur wenn diese Norm eine Einzelfallprüfung vorsieht, ist auch materiell die Geheimhaltungspflicht zu prüfen.34 Das erscheint allerdings unvereinbar mit der gesetzgeberischen Absicht, neben § 3 Nr. 8 IFG keine Bereichsausnahmen einzusetzen und der Wertung aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG.

Verwaltungsvorschriften sind von § 3 Nr. 4 Var. 1 IFG nicht erfasst. Anderenfalls wäre § 3 Nr. 4 Var. 2 IFG überflüssig und es bestünde die Gefahr der Schaffung eigener Hintertüren aus dem Anspruch des § 1 IFG durch die Verwaltung.35

3. Spezielle Rechtsvorschriften i. S. d. § 3 Nr. 4 Var. 1 IFG

Die §§ 93, 109, 166 Aktiengesetz (AktG) begründen eine Vertraulichkeitspflicht i. S. d. § 3 Nr. 4 IFG.36 Das gilt auch für Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung.37 Zu den Verschwiegenheitspflichten aus Wertpapierhandelsgesetz (WphG) und Kreditwesengesetz (KWG) als Rechtsvorschriften i. S. d. § 3 Nr. 4 Var. 1 IFG besteht umfangreiche Rechtsprechung. Zwar ist für § 8 WphG a. F.38 und § 9 KWG festgestellt worden, dass sie Rechtsvorschriften i. S. d. § 3 Nr. 4 Var. 1 IFG sind, allerdings darf für die konkreten Informationen keine Veröffentlichungspflicht bestehen.39 Liegt die Geheimhaltung lediglich im Interesse der herausgebenden Stelle, greift die Verschwiegenheitspflicht des § 8 WphG a. F. nicht ein.40 Das VG Frankfurt hat hier auf den Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen sowie geschäftliche und privaten Interessen der Wertpapierkund*innen als Normzweck abgestellt.

II. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (Var. 2)

Gem. 3 Nr. 4 Var. 2 IFG scheidet der Informationszugang aus, wenn die angefragte Information Teil einer Verschlusssache ist. Verschlusssachen sind gem. § 4 SÜG im öffentlichen Interesse, insbesondere zum Schutz des Wohles des Bundes oder eines Landes, geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, unabhängig von ihrer Darstellungsform. Die vier einzelnen Verschlussgrade ergeben sich aus § 4 Abs. 2 SÜG: VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH, VS-VERTRAULICH, GEHEIM und STRENG GEHEIM. Über § 3 Nr. 4 Var. 1 IFG i. V. m. § 4 SÜG werden Verschlusssachen ohnehin vom Informationsanspruch ausgenommen, sodass für § 3 Nr. 4 Var. 2 IFG kein eigenständiger Anwendungsbereich verbleibt.41

Für das Vorliegen des Ausschlussgrundes müssen die materiellen Voraussetzungen einer VS-Einstufung vorliegen, auch wenn der Wortlaut eine formale Betrachtungsweise vermuten lässt.42 Dieser Rechtsprechung lässt sich ebenfalls der verallgemeinerbare Gedanke entnehmen, dass der Schutzzweck der geheimnisschützenden Norm bei der Prüfung des Ausschlussgrundes Beachtung finden muss. Die Prüfung der Voraussetzungen obliegt der anspruchsverpflichteten Stelle.43 Sie trifft auch die Darlegungslast bezüglich des Vorliegens materieller Geheimschutzgründe i. S. d. Verschlusssachenanweisung (VSA)44 im Zeitpunkt einer gerichtlichen Beurteilung über den Ausschluss des Informationsanspruchs.45 Ab dem Einstufungsgrad VS-VERTRAULICH ist der Zugang zu Verschlusssachen auch verwaltungsintern gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1 SÜG i. V. m. § 2 Abs. 1 SÜG nur nach erfolgreicher Sicherheitsüberprüfung möglich. Gegebenenfalls müssen sich Beamt*innen der anspruchsverpflichteten Behörde einer Sicherheitsprüfung unterziehen, um die betroffenen Informationen einzusehen und beurteilen zu können, ob die Einstufungsvoraussetzungen tatsächlich vorliegen. Die tatsächlichen Gründe, die zum Vorliegen der Voraussetzungen führen, sind dann in schlüssiger Weise darzulegen, soweit es die Geheimhaltungspflicht zulässt.46 Die Einstufung ist nicht deshalb fehlerhaft, weil die Behörde sie erst vorgenommen hat, nachdem sie vom Gericht darauf hingewiesen wurde, dass andere Ausnahmegründe voraussichtlich nicht vorliegen.47

Der pauschale Verweis auf die VSA in § 3 Nr. 4 Var. 2 IFG führt dazu, dass Akten aller Einstufungsgrade ohne weitere Abwägungsmöglichkeit vom Informationszugang ausgenommen sind. Das gilt auch für solche der Stufe VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH, obwohl es für deren Einstufung keine prozeduralen Mechanismen gibt, die eine restriktive Handhabung sichern. Sie bietet so ein leichtes Werkzeug zur Ausdehnung des exekutiven Geheimbereichs.48 Bis zur Einführung des IFG im Jahr 2006 galt die Geheimhaltung von Verwaltungsinformationsbeständen als ungeschriebene Regel.49 Mangels einheitlicher Digitalisierung der VS-Registraturen existieren nur wenige aktuelle Zahlen über Verschlusssachen in deutschen Behörden. Wenigstens für das BKA liegen aber Zahlen über die Verschlusssachenentwicklung seit 2001 vor, die solche Annahmen stützen 50. Däubler plädiert auch unabhängig von Informationszugangsgesetzen für eine einschränkende Auslegung der Verschlussgrade, indem er als Schutzgüter die äußere Sicherheit, auswärtige Beziehungen, die innere Sicherheit, oder durch die Bundesrepublik Deutschland zu schützende Belange Dritter qualifiziert.51

Die Einstufung von Herkunftsländer-Leitsätzen zur Beurteilung von Asylverfahren als VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH und eine darauf gründende Ablehnung eines Informationsfreiheitsantrags wurden vom BayVGH nicht beanstandet.52 Die enthaltenen Ausführungen zu verfolgten Personengruppen und behördlichem Prüfprogramm sollen der Konstruktion einer falschen Asylantragslegende dienen können.53 Es finden sich keine Ausführungen zur Wahrscheinlichkeit einer Täuschung im Asylverfahren und wie viele Fälle potentiell betroffen sein könnten. Als Teil der inneren Sicherheit sieht der BayVGH die Funktionsfähigkeit der Behörden betroffen.54 Eine nur mögliche Erschwerung der behördlichen Prüfung berührt allerdings noch nicht die Funktionsfähigkeit des BAMF.

Praxistipp zur Antragstellung: Es ist schwer einzuschätzen, ob die Ablehnung des Antrags aufgrund von § 3 Nr. 4 Var. 2 IFG begründet ist, da hinter dem konkreten Vorenthaltungsgrund (VS-Einstufung) Prognosen über die Gefährdung von Sicherheitsinteressen stehen. Aufgrund des vom BVerwG etablierten materialen Verständnis der Vorschrift, muss die Behörde abstrakt darlegen, warum sie die Information nicht zugänglich machen kann. Ein pauschaler Hinweis auf die VS-Einstufung genügt dem Begründungserfordernis nicht. Antragstellende können eine darüber hinausgehende Darlegung verlangen, um die Erfolgsaussichten einer möglichen Klage einzuschätzen. Auch die Kostenentscheidung kann zu Lasten der Behörde gehen, wenn sie der Bitte um Darlegung nicht nachgekommen ist.55

III. Berufsgeheimnis (Var. 3)

Informationen, die einem Berufsgeheimnis unterliegen, sind ebenfalls vom Anspruch aus § 1 Abs. 1 IFG ausgenommen.

1. Allgemeines

Berufsgeheimnisse schützen das Vertrauensverhältnis zwischen Angehörigen einer bestimmten Berufsgruppe und Personen, die deren Leistungen in Anspruch nehmen.56 Die Information muss dabei in unmittelbarem Zusammenhang mit der Berufsausübung erlangt worden sein.57

Die Verschwiegenheitspflicht von Wirtschaftsprüfer*innen (§ 43 Abs. 1 S. 1 WPO) ist ein Berufsgeheimnis und begründet eine Ausnahme i. S. d. § 3 Nr. 4 IFG.58 Ist die informationspflichtige Stelle auch dispositionsberechtigt über das Geheimnis, ist der Schutzzweck des § 3 Nr. 4 Var. 3 IFG allerdings nicht betroffen und sie kann sich nicht auf seine Ausschlusswirkung berufen.59 Die anspruchsverpflichtete Behörde war im konkreten Fall die Auftraggeberin und allein ihre Interessen an der Nichtveröffentlichung der Informationen waren betroffen.

Die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht aus § 43 Abs. 2 S. 1 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) ist ebenfalls ein Berufsgeheimnis i. S. d. § 3 Nr. 4 Var. 3 IFG.60

2. Verhältnis zu anderen Regelungen und Schutzzweck

Berufsgeheimnisse werden durch Gesetz (Rechtsvorschrift i. S. d. Var. 1) begründet. Daher ist unklar, welcher eigenständige Regelungsgehalt für Var. 3 verbleibt.61. Die von § 3 IFG geschützten Güter sind öffentliche Belange.62 Mit der Erfassung eines Vertrauensverhältnisses, dessen Grundlage ein schuldrechtlicher Vertrag ist, nimmt Var. 3 hingegen einen privaten Belang in die Reihe öffentlicher Belange auf.63 Var. 3 soll möglicherweise der Klarstellung dienen, denn die gebotene enge Auslegung der Ausnahmetatbestände hätte zu einer teleologischen Reduktion der Var. 1 auf Rechtsvorschriften, die öffentliche Belange schützen, führen können. Zwar ist das Kerninteresse privater Natur, das Interesse an der Funktionsfähigkeit bestimmter Berufsgruppen aber gesellschaftlich.64

Die Aufnahme in § 3 IFG wird so nachvollziehbar, es kommt allerdings zum Konflikt mit § 5 IFG. § 5 Abs. 2 i. V. m. § 5 Abs. 1 IFG führt ebenfalls zur Ablehnung des IFG-Antrags, wenn die erfragten Informationen Gegenstand eines Berufsgeheimnisses sind.65 Er kommt im Gegensatz zu § 3 Nr. 4 IFG nur zur Anwendung, wenn es sich um personenbezogene Daten handelt. Danach kann dem IFG-Antrag trotz entgegenstehender Belange (Recht auf informationelle Selbstbestimmung) stattgegeben werden, wenn das Informationsinteresse der*des Antragstellenden das Ausschlussinteresse der dritten Person überwiegt oder letztere ihre Einwilligung gegeben hat. Gem. § 5 Abs. 2 IFG überwiegt das Geheimhaltungsinteresse das Veröffentlichungsinteresse ohne Ermessensspielraum immer dann, wenn eine Berufsgeheimhaltungspflicht eingreift. § 3 Nr. 4 Var. 3 IFG schließt die Antragsgewährung sogar noch grundsätzlicher aus, wenn die erbetenen Informationen Gegenstand eines Berufsgeheimnisses sind. Im Wortlaut des § 3 Nr. 4 Var. 3 IFG ist die Einwilligung des Dritten allerdings nicht angelegt. Teilweise wird § 5 Abs. 2 IFG daher für Fälle, in denen sich der IFG-Antrag auf Informationen richtet, die einem Berufsgeheimnis unterliegen und gleichzeitig personenbezogene Daten enthalten, als lex specialis zu § 3 Nr. 4 Var. 3 IFG gesehen.66 § 3 Nr. 4 Var. 3 IFG erhebt das Berufsgeheimhaltungsinteresse aber gerade zum öffentlichen Belang. Dadurch ergibt sich eine andere Schutzrichtung und die Vorschriften stehen in Idealkonkurrenz zueinander.67 Die Gesetzesbegründung beschreibt § 5 Abs. 2 IFG als Ergänzung zu § 3 Nr. 4 IFG und will die befreiende Wirkung auf § 3 Nr. 4 Var. 3 IFG übertragen wissen.68 Bei Annahme von Idealkonkurrenz führt § 3 Nr. 4 Var. 3 IFG hingegen zum Ausschluss des Anspruchs69 und die Ergänzung bleibt ohne Substanz. Das widerspricht klar der gesetzgeberischen Intention. Die Disposition über das Geheimnis wird ohne Not der Person vollständig entzogen, zu deren Schutz es grundsätzlich vorgesehen ist.70 Jedenfalls dann, wenn die fachgesetzlichen Regelungen die Herausgabe der personenbezogenen Daten unter den Vorbehalt der Einwilligung stellen, kann ihre Erteilung auch § 3 Nr.4 Var. 3 IFG überwinden.71 Auch wenn die fachgesetzlichen Regelungen die Geheimhaltung nicht zur Disposition stellen, ist aber im Einzelfall zu prüfen, ob nur das Interesse der dritten Person betroffen ist oder gleichzeitig das Funktionsinteresse des Berufsgeheimnisträgers und damit ein öffentliches Interesse. Ist nur das Interesse der dritten Person betroffen, kann die Einwilligung den Ausnahmetatbestand des § 3 Nr. 4 Var. 3 IFG überwinden.

IV. Besonderes Amtsgeheimnis (Var. 4)

Auch Informationen, die einem besonderen Amtsgeheimnis unterliegen, nimmt § 3 Nr. 4 IFG vom Informationszugang aus.

1. Abgrenzung zu allgemeinen Pflichten zur Amtsverschwiegenheit

Beamt*innen sind allgemeinen Verschwiegenheitspflichten unterworfen. Läge darin bereits ein Ausschlussgrund, wäre der Anspruch aus § 1 Abs. 1 IFG vollständig vereitelt.72 Das gilt ebenso für alle spezialgesetzlichen Ausdrücke der allgemeinen Pflicht zur Verschwiegenheit.73 Es kommt also gerade auf die Besonderheit des Amtsgeheimnisses an. Ein besonderes Amtsgeheimnis unterscheidet sich von der allgemeinen Pflicht zur Amtsverschwiegenheit dadurch, dass es spezielle materielle Geheimhaltungskriterien aufstellt.74 Daher bedarf es für § 3 Nr. 4 Var. 4 IFG einer Spezialvorschrift, der sich solche Voraussetzungen entnehmen lassen.75 Aus der Gesetzesbegründung lassen sich das Steuer- und Sozialgeheimnis, das Statistik- sowie das Adoptionsgeheimnis als besondere Amtsgeheimnisse herauslesen.76

1. Steuergeheimnis

§ 30 Abgabenordnung (AO) liefert eine Legaldefinition des Steuergeheimnisses. Es wird verletzt, wenn Amtsträger*innen personenbezogene Daten (§ 30 Abs. 2 Nr. 1 AO) oder Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse (§ 30 Abs. 2 Nr. 2 AO) unbefugt offenbaren oder verwerten oder solche Daten unbefugt abrufen (§ 30 Abs. 2 Nr. 2 AO). Keine unbefugte Weitergabe liegt in den Fällen des § 3 Abs. 4 Nr. 1-5 AO vor, daher auch keine Verletzung des Steuergeheimnisses und kein Ausschluss des Informationszugangs gem. § 3 Nr. 4 IFG. Regelmäßig wird dann § 5 Abs. 1 IFG eingreifen, der aber einer Abwägung zugänglich ist.

2. Sozialgeheimnis

Auch das Sozialgeheimnis ist legaldefiniert: Leistungsträger dürfen die ihnen vorliegenden Sozialdaten nicht unbefugt verarbeiten, § 35 Abs. 1 S. 1 SGB I. Sozialdaten sind gem. § 67 Abs. 2 S. 1 SGB X personenbezogene Daten, die im Rahmen der Sozialverwaltung erhoben werden. Auch hier sind die spezialgesetzlichen Ausnahmetatbestände (§§ 67b ff. SGB X) zu beachten, deren Vorliegen dazu führt, dass die Datenübermittlung befugt erfolgt und kein Ausschlussgrund i. S. d. § 3 Nr. 4 IFG vorliegt.77 Auch hier werden die Informationen in der Regel § 5 Abs. 1 IFG unterliegen, sodass es auf die darin angelegte Abwägung ankommt.

3. Statistikgeheimnis

§ 16 Abs. 1 S. 1 BStatG normiert das Statistikgeheimnis. Danach sind Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse, die für eine Bundesstatistik gemacht werden, von den Amtsträger*innen und für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten, die mit der Durchführung von Bundesstatistiken betraut sind, geheim zu halten, soweit durch besondere Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist. Mit Blick auf die informationelle Selbstbestimmung schreibt das BVerwG hier eine weite Auslegung vor.78 Rohdaten sind aber jedenfalls dann keine Einzelangaben mehr, wenn sie derart aggregiert sind, dass sie sich nur noch auf Fallgruppen und nicht mehr auf Individuen beziehen lassen.79 Auch Einzelangaben, die von den Ausnahmen in § 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 1-4 BStatG erfasst sind, fallen nicht unter das Statistikgeheimnis und können den Zugangsanspruch nicht gem. § 3 Nr. 4 Var. 3 IFG ausschließen. „Statistische Daten“ i. S. d. § 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BStatG sind nur solche zusammengefassten Einzelangaben, die keinen Rückschluss auf Angaben einzelner Befragter zulassen.80 Solange sich aggregierte Daten, sei es auch nur mit Zusatzwissen oder erheblichem Aufwand, auf eine (juristische) Person zurückbeziehen lassen, fallen sie unter das Statistikgeheimnis. Das kann der Fall sein, wenn dominante Einzelwerte auftauchen, die Rückschluss auf bestimmte Unternehmen oder Einzelpersonen zulassen.81 Ob derart augenscheinliche Dominanzwerte vorhanden sind, muss im Wege einer Dominanzprüfung ermittelt werden. Auch wenn die Prüfung im Aufwand erheblicher ist als in der Regel der spezialgesetzlichen Geheimhaltungstatbestände, darf eine Vermutung, die zulasten der Informationssuchenden gehen würde, hier nicht ausreichen. Die informationspflichtige Behörde muss regelmäßig eine rechtliche Prüfung vornehmen, für die das Vorliegen der Tatsachen, die das Tatbestandsmerkmal erfüllen, zu ermitteln ist. Auch die Dominanzprüfung dient der Prüfung, ob der Tatbestand erfüllt ist und stellt keinen eigenständigen Bearbeitungsschritt dar. Anderenfalls droht die Herstellung einer systemwidrigen Bereichsausnahme.

C. Parallelregelungen in den Ländern

§ 1 S. 1 SaarlIFG verweist vollständig auf die jeweils geltende Fassung des § 3 Nr. 4 IFG. § 4 Abs. 2 LIFG BW, § 3 Nr. 4 LIFG Sachsen-Anhalt, § 12 Abs. 1 lit. a ThürTG, § 14 Abs. 1 lit. 5 LTranspG RLP und § 3 Nr. 4 BremIFG regeln mit § 3 Nr. 4 iFG identische Ablehnungsgründe und sind der Bundesvorschrift teilweise wortgleich nachempfunden. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sehen die Vorschriften allerdings eine inhaltliche und zeitliche Begrenzung der Informationsverweigerung für den Zeitraum des Vorliegens der Schutzgründe vor. Die Bremer Vorschrift begrenzt die Informationsverweigerung wenigstens zeitlich.

Auch das BbgAIG lässt spezialgesetzliche Geheimhaltungsgründe sowie Berufs- und Amtsgeheimnisse dem Informationszugang pauschal entgegenstehen. Ein expliziter Bezug auf Verschlusssachen fehlt, wobei über § 4 Abs. 3 BbgAIG i. V. m. § 6 BbgSÜG auch Verschlusssachen vom Informationsanspruch ausgenommen sind. § 82 HessDSIG82 erfasst Verschlusssachen sowie Berufs- und besondere Amtsgeheimnisse, verzichtet aber auf die Variante „Rechtsvorschrift“. Damit rezipiert das HessDSIG nicht pauschal spezialgesetzliche Geheimhaltungsgründe, sondern ordnet den Vorrang der Geheimhaltung nur für die ausdrücklich genannten Geheimnisarten an.

§ 11 BerlIFG regelt die Versagung für den Fall, dass das Bekanntwerden des Akteninhalts dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes schwerwiegende Nachteile bereiten oder zu einer schwerwiegenden Gefährdung des Gemeinwohls führen würde. Das Berliner SÜG oder die VSA Berlin werden nicht rezipiert. § 17 Abs. 4 BerlIFG sieht lediglich vor, dass auf Bundesrecht beruhende Geheimhaltungspflichten unberührt bleiben. § 11 BerlIFG schafft mit dem Zusatz „schwerwiegend“ und der Finalität, ausgedrückt durch „führen würde“, jedenfalls eine höhere Tatbestandsschwelle als § 6 Abs. 2 Nr. 3, 4 BerlSÜG. Landesverschlusssachen der Grade VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH und VS-VERTRAULICH müssen unter dem BerlIFG daher nicht zwangsläufig zurückgehalten werden.

IFG NRW, IFG MV und IZG SH sehen keine mit § 3 Nr. 4 IFG vergleichbaren Regelungen vor. § 6 IFG NRW, § 5 IFG MV und § 9 IZG SH schützen öffentliche Belange ohne Bezugnahme auf spezialgesetzliche Geheimhaltungsvorschriften. Über § 6 IFG NRW und § 5 IFG MV können spezialgesetzliche Geheimhaltungsvorschriften als Teil der öffentlichen Ordnung zu Ausschlussgründen werden. Beide Vorschriften enthalten aber eine inhaltliche und zeitliche Begrenzung („soweit und solange“). § 9 Abs. 1 S. 1 a. E. IZG SH sieht für die Ablehnungsgründe aus öffentlichem Interesse eine Abwägung des Geheimhaltungs- mit dem Informationsinteresse vor und wird so als eines von wenigen Informationszugangsgesetzen der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Informationsfreiheit gerecht. Auch bezieht sich der Schutz nicht auf die gesamte öffentliche Sicherheit, sondern lediglich auf bedeutsame Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit. Vor der Novelle des IZG SH im Jahr 2017 war der Antrag abzulehnen, wenn nicht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Bekanntgabe bestand. Seit 2017 obliegt es der Behörde, die entgegenstehenden Interessen von Amts wegen gegeneinander abzuwägen. Die Abwägung ist gerichtlich voll überprüfbar.83 Bei überwiegendem Geheimhaltungsinteresse muss der Antrag abgelehnt werden, bei überwiegendem Bekanntgabeinteresse wird ihm stattgegeben.84 Indem beide Interessen als öffentlich markiert werden, erzeugt die neue Formulierung schon sprachlich ein informationsfreundliches Bild. Andere Informationszugangsgesetze suggerieren mit ihrer Formulierung, dass es sich nur bei den entgegenstehenden Belangen um solche öffentlicher Natur handelt.

Das Hamburger Transparenzgesetz trennt den Schutz spezialgesetzlich angeordneter Geheimnisse in solche von genuin öffentlichem (§ 6 Abs. 2 Nr. 2 HmbTG) und solche von nicht näher konkretisiertem Interesse (§ 9 Abs. 1 HmbTG). § 6 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 HmbTG nimmt Beratungsdokumente, die durch spezialgesetzliche Vertraulichkeitspflichten geschützt sind, von der Informationspflicht aus. Anknüpfungspunkt ist nicht die Nichtöffentlichkeit einer Sitzung, sondern die spezialgesetzlich angeordnete Vertraulichkeitspflicht der Teilnehmenden.85 Gem. § 6 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 HmbTG sind nach der Hamburgischen Verschlusssachenanweisung eingestufte Unterlagen vom Informationszugangsanspruch ausgenommen. Bemerkenswert ist im Unterschied zu § 3 Nr. 4 IFG, dass über die Formulierung „sollen ausgenommen werden“ auf Rechtsfolgenseite nicht zwangsläufig die Verweigerung des Zugangs steht. Atypische Sachverhalte, in denen das Informationsinteresse so überragend ist, dass der öffentliche Belang dahinter zurücktreten muss, können die Informationsgewährung zulassen.86 Diese Abwägungsmöglichkeit sieht § 9 Abs. 1 HmbTG nicht vor, der die Beachtlichkeit spezialgesetzlicher Geheimhaltungsregeln festlegt. Allerdings sind Gegenstand und Titel der Informationen in zulässigem Umfang zu veröffentlichen oder zugänglich zu machen. Antragstellenden Personen wird es so ermöglicht, Art und Umfang der tatsächlich vorhandenen Informationen abzusehen und ihre Rechtsschutzmöglichkeiten besser einschätzen zu können.87

Das neueste Transparenzgesetz hat sich Sachsen 2022 gegeben. Es tritt mit 1. Januar 2023 in Kraft und sieht Ausnahmen vom Informationszugang für sächsische Verschlusssachen (§ 5 Abs. 1 Nr. 12 SächsTranspG) sowie eine pauschale Rezeption spezialgesetzlicher Geheimhaltungsvorschriften (§ 5 Abs. 2 SächsTranspG) vor. Angesichts der funktionellen Praxis deutlich progressiverer Zugangsgesetze in anderen Bundesländern ist der Umfang enttäuschend.

D. Parallelregelungen in UIG und VIG

Das UIG kennt keine Parallelregelung zu § 3 Nr. 4 IFG. Die Vorschrift zum Schutz öffentlicher Belange, § 8 UIG, verweist nicht pauschal auf spezialgesetzliche Geheimhaltungsvorschriften. Auch das VIG kennt keine vergleichbare Regelung und schützt lediglich Dienstgeheimnisse in § 3 S. 1 Nr. 1 lit. c Var. 2 VIG.88

Ich wünsche mir Datenvisualisierungen aus der Frag-Den-Staat Datenbank zu folgenden Themen:

  • Wie häufig wird geschwärzt, um die Information doch zugänglich zu machen? Welche Behörden nutzen Schwärzungen als Mittel des Interessenausgleichs?

  • Wie häufig werden Anträge aufgrund § 3 Nr. 4 IFG abgelehnt?

Alle hier zitierten Quellen finden sich in der digitalen Literaturdatenbank.

Comments
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Jannis Krüßmann:

ich finde die Kritik sehr wichtig, würde sie aber eher ans Ende des Kapitels stellen (wie bei einem guten Aufsatz^^), das macht Schoch z.B. auch so und ich finde das schlüssiger

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Laura Pick:

Die Rückmeldung habe ich auch an anderer Stelle erhalten, also werde ich das nochmal umstrukturieren :)

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Jannis Krüßmann:

Verschlusssache (VS)
… für Normalos (:

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Jannis Krüßmann:

vielleicht eher im Kapitel “Öffentliche Belange I - Öffentliche Sicherheit” unterbringen?

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Jannis Krüßmann:

Vielleicht kurz den Wortlaut der Norm nennen? das machts anschaulicher und man muss es nicht erst nachschlagen :) (ist bei anderen Kapiteln auch so, und da hats mir geholfen)

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Laura Pick:

Hallo Jannis,
vielen Dank für deine Anmerkungen! Guter Hinweis, werde den Wortlaut einfügen.