Alle hier zitierten Quellen finden sich in der digitalen Literaturdatenbank.
Die digitale Version dieses Kapitels ist kommentierbar, kann automatisch zitiert und in vielen Formaten heruntergeladen werden. Eine Anleitung findet sich hier.
2. Schutz des geistigen Eigentums und von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen
a. Überblick zu den gesetzlichen Vorgaben auf Bundesebene
Wie auch beim Schutz personenbezogener Daten unterscheiden sich auf Bundesebene die Vorgaben von IFG, VIG und UIG hinsichtlich der Möglichkeit, den Zugang zu geistigem Eigentum oder zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zu gewähren. Das IFG schließt den Zugang zu geistigem Eigentum nach § 6 S. 1 IFG kategorisch aus und lässt die Veröffentlichung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nach § 6 S. 2 IFG auch nur unter der Voraussetzung zu, dass der jeweilige Betroffene, sprich, der jeweilige Geheimnisinhaber oder die jeweilige Geheimnisinhaberin, hierzu seine Einwilligung erteilt hat. Verweigert der Geheimnisinhaber seine Einwilligung, darf die Behörde die Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse in keinem Fall zugänglich machen.
Das UIG und VIG zeigen sich insofern offener. Zwar dürfen das geistige Eigentum und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse auch hiernach nicht voraussetzungslos veröffentlicht werden. Beide Regelungen sehen aber vor, dass neben der Einwilligung des Betroffenen auch ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Bekanntgabe der jeweiligen Informationen den Zugang ermöglichen kann, § 9 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 UIG und § 3 Nr. 2 lit. b) und lit.c) VIG. Für die Offenbarung von geistigem Eigentum oder von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gilt nach den beiden Gesetzen damit nichts anderes als zum Zugang zu personenbezogenen Daten. In beiden Fällen kommt es entweder auf die Einwilligung des Betroffenen oder auf eine zugunsten des Antragstellers ausfallende Interessenabwägung an.
b. Überblick zu den gesetzlichen Vorgaben in den Ländern
Die Regelungen auf Landesebene übernehmen zum Teil ohne nennenswerten Unterschied die Vorgaben der Bundesebene. Einige Landesgesetze weichen lediglich hinsichtlich der Möglichkeit der Zugänglichmachung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen vom Bundes-IFG ab. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse können in diesen Fällen auch dann zugänglich gemacht werden, wenn das Informationsinteresse der Antragstellerin und/oder der Allgemeinheit das Geheimhaltungsinteresse der Geheimnisinhaberin überwiegt. In wenigen Fällen kann ein überwiegendes Offenbarungsinteresse auch zur Offenbarung von geistigem Eigentum führen.
Eine Ausnahme bilden hier die Rückausnahmen nach dem ThürTG, wo neben der Einwilligung des Betroffenen für die Zugänglichmachung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen auch ausschlaggebend sein kann, dass sie durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erlaubt ist, die amtliche Information aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden kann, oder die Offenbarung zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit geboten ist. Gerade in den ersten beiden Fällen stellt sich die Frage, ob unter diesen Voraussetzungen überhaupt von einem „Geheimnis“ die Rede sein kann, wenn die Offenbarung gesetzlich erlaubt ist oder die Informationen bereits öffentlich sind. Der Definition von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen stehen diese Fälle von vornherein entgegen, sodass die Ausnahmegründe kaum praktische Relevanz aufweisen dürften. Auch ein das Geheimhaltungsinteresse überwiegendes Offenbarungsinteresse kann zur Zulässigkeit der Offenbarung der Geheimnisse führen, zumindest wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse geltend machen kann. Bis auf die Einwilligungsmöglichkeit der Betroffenen und die Interessenabwägung sind die Rückausnahmegründe jedoch kaum praktisch bedeutsam. Mit einem rechtlichen Interesse, das eine Antragstellerin für eine Interessenabwägung nachweisen muss, liegen nach dem ThürTG die Hürden für einen Zugang zu den Informationen sogar höher als nach sämtlichen anderen Gesetzen.
c. Zusammenfassung
Der Schutz von geistigem Eigentum und von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen spielt in allen Informationsfreiheits- und Transparenzgesetzen eine wichtige Rolle. Kein Gesetz gestaltet den Zugang zu diesen Informationen voraussetzungslos aus, was auch nicht mit den Grundrechten der Geheimnisinhaber und Geheimnisinhaberinnen, nämlich der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG und der Eigentumsfreiheit nach Art. 14 GG, vereinbar wäre. Jedoch zeigen sich auf Bundesebene das VIG und das UIG, sowie ein Großteil der Landesgesetze weniger restriktiv als das Bundes-IFG und schließen den Zugang zu geistigem Eigentum nicht kategorisch aus. Häufig können durch die Einwilligung des Betroffenen oder durch eine zugunsten des Informationsinteresses ausfallende Interessenabwägung die Informationen zugänglich gemacht werden.
Für die Antragsteller bedeutet das:
Praxistipp:
Stützt sich der Informationsantrag auf ein Informationsfreiheits- oder Transparenzgesetz, dass die Offenbarung von geistigem Eigentum und von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nach erfolgter Interessenabwägung zulässt, sollte der Informationsantrag von vornherein gut begründet werden. Hier kann angeführt werden, warum ein eigenes Interesse an den Informationen besteht oder welche Bedeutung deren Offenbarung für die Allgemeinheit haben kann.
Doch auch in dem Fall, dass das jeweilige Gesetz es allein auf die Einwilligung der Geheimnisinhaberin ankommen lässt, kann der Antragsteller die Erfolgschancen seines Informationsantrages erhöhen:
Praxistipp:
Kommt es auf die Einwilligung des Geheimnisinhabers an, kann es sich lohnen, im Antrag (wahrheitsgemäß) darzulegen, wofür die jeweiligen Informationen verwendet werden sollen (Verwendungszusammenhang). Diese Verwendungsabsicht kann von der Behörde dem Geheimnisinhaber im Drittbeteiligungsverfahren mitgeteilt werden und könnte ihn davon überzeugen, der Offenbarung seiner Informationen zuzustimmen, unterstützt er das jeweilige Anliegen oder sieht seine Interessen nicht gefährdet.
Für Informationsanträge zur Offenbarung von geistigem Eigentum oder von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen bedeutet das:
Eine gute Antragsbegründung schlägt die Geheimhaltung! Zumindest manchmal…
d. Was ist „geistiges Eigentum“?
Nach alldem drängt sich die Frage auf, was unter dem Begriff „geistiges Eigentum“ zu verstehen ist.
Definition:
Das Deutsche Patent- und Markenamt definiert geistiges Eigentum als sämtliche „[…] Eigentumsrechte an Schöpfungen des menschlichen Intellekts […]“.
Gemeint sind damit Ideen, Erfindungen, sonstige geistige Werke oder auch Softwareentwicklungen. In der Gesetzesbegründung zu § 6 IFG verweist der Gesetzgeber zur Umschreibung des geistigen Eigentums insbesondere auf:
- Urheberrechte nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG)
- Markenrechte nach dem Markengesetz (MarkenG)
- Patentrechte nach dem Patentgesetz (PatG)
- Gebrauchsmusterrechte nach dem Gebrauchsmustergesetz (GebrMG) und auf
- Geschmacksmusterrechte nach dem Geschmacksmustergesetz (GeschmMG) hin.
Die Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze definieren den Begriff hingegen nicht näher.
aa. Urheberrechtlich geschützte Werke
Für den Schutz eines Werkes, bzw. einer Schöpfung nach dem UrhG gelten bestimmte Voraussetzungen. § 2 UrhG regelt, welche Werke allgemein Urheberrechtsschutz genießen. So zählt § 2 Abs. 1 UrhG eine Reihe von Beispielen an Werkarten auf, die dem Urheberrechtsschutz grundsätzlich formal unterfallen können. Diese Werke müssen dann außerdem die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 UrhG erfüllen, mithin persönliche geistige Schöpfungen sein, um nach dem UrhG geschützt zu sein. Hierfür kommt es darauf an, dass sie „[…] das Ergebnis eines unmittelbaren und zielgerichteten geistigen Schaffens- bzw. Gestaltungsprozesses […]“ sind und im Ergebnis etwas Neues bzw. Eigentümliches darstellen. Dies wird man bei Werken nur dann annehmen können, wenn ihnen eine bestimmte „Schöpfungshöhe“ zukommt, mithin zur Herstellung des Werkes überhaupt ein bestimmter Gestaltungsspielraum gegeben war und auch genutzt wurde. So ist ausgeschlossen, das Werke dem Urheberrechtsschutz unterfallen, deren Herstellung nicht mit einer tatschlichen geistigen Schöpfungsleistung verbunden war und denen keine individuelle Gestaltung innewohnt, die einen Schutz rechtfertigen würden.
Für den Informationsanspruch ist diese Einordnung deshalb von Bedeutung, da geschützte Werke von Dritten grundsätzlich auch der Zugänglichmachung durch Behörden entzogen sein können. Vor den Gerichten spielt deshalb immer wieder die Frage eine Rolle, ob ein Informationsbestand die Schöpfungshöhe zum Schutz als Werk nach § 2 UrhG erreicht und dementsprechend nicht veröffentlicht werden darf. Die unscharfen Voraussetzungen des Urheberrechtsschutzes bilden dabei die Grundlage für Auseinandersetzungen über dessen Vorliegen und über das Bestehen von Informationsansprüchen in diesen Fällen. Sollte sich im Ergebnis feststellen lassen, dass die jeweiligen Informationsinhalte dem Urheberrechtsschutz unterfallen, heißt das nicht automatisch, dass der Informationszugang ausgeschlossen ist. Vielmehr kommt es dann noch darauf an, ob etwaige Nutzungsrechte an den Werken den öffentlichen Stellen übertragen worden sind und die Veröffentlichung damit gleichwohl möglich ist.
bb. Urheberrechtsschutz zugunsten von Behörden?
Die Ausschlussgründe schützen einerseits das geistige Eigentum Dritter, in dessen Besitz die Behörden in bestimmten Verwaltungsverfahren, wie etwa Genehmigungsverfahren, beiläufig kommen und das sie dann in ihren Akten halten.
Praktisch treten jedoch auch Fälle auf, in denen sich die Behörde auf ihr eigenes Urheberrecht an bestimmten Dokumenten beruft. In der Rechtsprechung zu § 6 S. 1 IFG stellte sich deshalb die Frage, ob sich die Behörde auf die im UrhG verbrieften Rechte des Schöpfers bestimmter Informationsinhalte berufen und den Informationszugang mit dieser Begründung ablehnen kann.
Das Bundesverwaltungsgericht hat diesbezüglich anerkannt, dass auch Ausarbeitungen und Dokumentationen des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages dem Urheberrechtsschutz gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG unterfallen. Nach dem Gericht seien die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Wissenschaftlichen Dienste als Urheber der Zuarbeiten i.S.d. des Schöpferprinzips gemäß § 7 UrhG zu betrachten, allerdings müsse man annehmen, dass sie dem Vertragszweck entsprechend, der Behörde insoweit die Nutzungsrechte an den Ausarbeitungen einräumen, wie es für die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung dieser vonnöten sei. Zu dieser ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung gehört seit Erlass des IFG nun auch die Zugänglichmachung bestimmter Informationen, vorbehaltlich einschlägiger Ausschlussgründe. Daher ist in der Regel davon auszugehen, dass alle Nutzungsrechte, die zur Erfüllung des IFG Anspruches notwendig sind, der Behörde von dem Urheber übertragen worden sind. Das Gleiche gilt, werden private Gutachter und Gutachterinnen für die Behörde tätig. Dieses Ergebnis überzeugt auch gerade vor dem Hintergrund, dass Behörden über ihre urheberrechtlichen Nutzungsrechte „[…] nicht in grundrechtlicher Freiheit entscheiden […]“ können, denn sie werden nicht von Grundrechten geschützt, sondern haben diese gegenüber den Bürgern zu achten.
In der Folge sind kaum Fälle denkbar, in denen eine Behörde die eigenen Urheberrechte erfolgreich einem Informationszugang entgegenhalten kann.
cc. Zugang zu Forschungsergebnissen?
Auch Informationszugangsbegehren zu Informationen aus der Tätigkeit von Hochschulen und Forschungseinrichtungen im Bereich der Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre i.S.d. Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG können die Ausschlussgründe zum Schutz geistigen Eigentums entgegenstehen.
Wissenschaftliche Tätigkeit i.S.d. Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG ist „[…] alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist […].“ „Forschung“ wird als Unterfall der Wissenschaft betrachtet und diene der selbstständigen Gewinnung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Die Ergebnisse dieses Versuches der Wahrheitsermittlung, d.h. die gewonnenen Erkenntnisse und Informationen, werden nur soweit vor Informationsbegehren geschützt, wie sie dem Schutz gewerblicher Schutzrechte oder dem UrhG unterfallen. Sie sind damit nicht grundsätzlich der Offenbarung nach den Informationsfreiheits- oder Transparenzgesetzen entzogen, sondern können unter denselben Voraussetzungen zugänglich gemacht werden.
e. Was sind „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“?
aa. Definitionen der Tatbestandsmerkmale
Anders als zum geistigen Eigentum geben einige der Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze selbst eine Definition für „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ vor.
Nach § 13 Abs. 2 S. 1 ThürTG sind:
Definition:
„Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat.“
Ein wichtiges Tatbestandsmerkmal ist demnach der „[…] Mangel an Offenkundigkeit der zugrunde liegenden Information[…]“. Sie darf nicht allgemein bekannt sein.
Weiterhin ist für die Annahme, dass eine Information ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis darstellt von besonderer Bedeutung, dass auch ein berechtigtes Interesse des Geheimnisinhabers an der Nichtverbreitung der Information vorliegt.
Das berechtigte Interesse wird in § 13 Abs. 2 S. 2 ThürTG folgendermaßen definiert:
Definition:
„Ein berechtigtes Interesse liegt vor, wenn das Bekanntwerden einer Tatsache geeignet ist, die Wettbewerbsposition eines Konkurrenten zu fördern oder die Stellung des eigenen Betriebs im Wettbewerb zu schmälern oder wenn es geeignet ist, dem Geheimnisträger oder der Geheimnisträgerin wirtschaftlichen Schaden zuzufügen.“
Die Rechtsprechung definiert das berechtigte Interesse ähnlich und sieht es als gegeben an, wenn die Offenlegung der Information geeignet ist, „[…] exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen […].“
Voraussetzung für schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ist nach der Rechtsprechung demnach, dass diesen eine (ggf. noch fortdauernde) Wettbewerbsrelevanz zukommt. Diese entfällt dann, wenn der jeweilige Rechtsträger oder die Rechtsträgerin in Bezug auf die Informationen kein Geheimhaltungsinteresse mehr hat, da sie etwa abgeschlossene Vorgänge betreffen und deren Bekanntwerden daher keinen negativen Einfluss mehr auf die Wettbewerbsposition des Unternehmers im Verhältnis zur Konkurrenz hat.
Teils wird als zusätzliche Voraussetzung zu der fehlenden Offenkundigkeit und dem berechtigten Interesse an der Geheimhaltung noch geprüft, ob es dem erkennbaren Willen des Geheimnisinhabers entspricht, die jeweiligen Informationen geheim zu halten.
bb. Unterscheidung zwischen Betriebsgeheimnissen und Geschäftsgeheimnissen
Aus der Rechtsprechung und juristischen Literatur lässt sich folgende Faustformel zur Unterscheidung von Betriebsgeheimnissen und Geschäftsgeheimnissen ableiten:
Faustformel:
Betriebsgeheimnisse sind das technische Wissen, das etwa in Patentanmeldungen und Entwicklungs- und Forschungsprojekten liegt..
Geschäftsgeheimnisse hingegen umfassen das kaufmännische Wissen, wie etwa die betrieblichen „[…] Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, [aber auch] Patentanmeldungen und sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte […], durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebs maßgeblich bestimmt werden können […].“
Eine klare Abgrenzung ist damit nicht eindeutig möglich und für den Schutz nach den Ausschlussgründen auch gar nicht notwendig. Hier kommt es nur darauf an, dass die öffentlichen Stellen überhaupt feststellen können, ob ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vorliegt.
cc. Feststellung durch die Behörden
Für die Behörden besteht die besondere Herausforderung nun darin festzustellen, ob die oben genannten Definitionen und Tatbestandsmerkmale von den Informationen erfüllt werden, die ihnen vorliegen und Gegenstand eines Informationsbegehrens sind.
Es obliegt den Behörden demnach einerseits zu prüfen, ob ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse der Geheimnisinhaberin festzustellen ist, andererseits anhand der Besonderheiten des jeweils betroffenen Sach- oder Rechtsgebiet zu bestimmen, ob überhaupt eine Information vorliegt, die als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis zu qualifizieren ist. Dabei ist besondere Vorsicht geboten, denn beispielsweise nach § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UIG gilt ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis bereits dann als zugänglich gemacht, wenn bestimmte von der Behörde offengelegte Informationen nur Rückschlüsse auf die entsprechenden Geheimnisse zulassen. Mit Blick auf die einschlägige Rechtsprechung liegt es nahe, diesen Gedanken auch auf die anderen Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze zu übertragen. Für die Behörden bedeutet das, dass sie bereits prüfen müssen, ob nur das Bekanntwerden von Dateinamen, -endungen, -typen und -größen bereits dazu führen würde, dass die jeweiligen Geheimnisse de facto zugänglich gemacht werden. Würde sich dies bestätigen, wäre auch der Zugang zu entsprechenden Metadaten ausgeschlossen.
Die Behörden trifft für die anzustellenden Prüfungen die Darlegungslast. Sie müssen die prognostische Einschätzung treffen, ob bei Bekanntwerden der Informationen des Geheimnisinhaber nachteilige Auswirkungen drohen. Dies haben sie nachvollziehbar und plausibel darzulegen, was dann der vollen gerichtlichen Überprüfbarkeit unterliegt. Die Gerichte erkennen dabei an, dass es in der Natur der Sache liegt, dass die Behörden dabei in einem „Darlegungs- und Beweisnotstand“ sind, also im Zweifel kaum über die für die Feststellungen notwendigen Informationen verfügen bzw. diese nur ansatzweise veröffentlichen können, da sie die jeweiligen Geheimnisse sonst verraten könnten. Sie sehen deshalb ein Mindestmaß an Plausibilität in den Darlegungen der Behörden als erforderlich aber auch ausreichend an.
Was das für die Antragsteller und Geheimnisinhaber bedeutet?
Es liegt im Interesse aller Parteien, also der Antragsteller und Antragstellerinnen, der Geheimnisinhaber und Geheimnisinhaberinnen und auch der Behörden selbst so schnell und einfach wie möglich Klarheit darüber zu erlangen, ob im Informationsbestand einer Behörde Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nach den oben genannten Merkmalen vorliegen. Die Behörden und die Geheimnisinhaber sollten bei allen relevanten Informationsübergängen darauf hinwirken, dass etwaige Geheimnisse als solche kenntlich gemacht werden, bevor sie in den Informationsbestand bei den Behörden aufgenommen werden. Die Behörden können hierauf hinweisen und die Geheimnisinhaber können die Geheimnisse selbstständig kennzeichnen und erklären, ob sie sie für schutzwürdig halten oder gegebenenfalls sogar mit einer Veröffentlichung einverstanden wären.
So lässt sich im besten Falle zügig klären, ob ein Informationsbegehren Aussicht auf Erfolg hat, zielt es auf die Veröffentlichung entsprechender Geheimnisse. Sogar der Inhalt einer gegebenenfalls notwendigen Interessenabwägung würde zeitlich weit vor einem etwaigen Informationsantrag vorgegeben werden.
Die geschützten Informationen können auf verschiedenen Wegen zugänglich gemacht werden. Wird der Antragstellerin zum Beispiel eine Akteneinsicht vor Ort gewährt und darf sie sich dabei Kopien anfertigen, kann dies insbesondere das Vervielfältigungsrecht nach § 16 UrhG und das Verbreitungsrecht nach § 17 UrhG berühren.
Diese Verwertungsrechte stehen dem Urheber oder der Urheberin des jeweiligen Werkes zu und spiegeln sein/ihr Interesse an der […] Sicherung des materiellen Vorteils […]“ wider, der ihm verloren gehen könnte, würden Informationen zu seinem Werk zugänglich gemacht und könnte dann eine Verwertung durch Dritte geschehen.
Darüber hinaus kommt im Falle eines jeden Informationszugangs, bei dem entsprechende Geheimnisse bekannt werden, eine Verletzung des Veröffentlichungsrechts des Urhebers nach § 12 Abs. 1 UrhG in Betracht.
Hierfür ist maßgeblich, ob die jeweilige Zugänglichmachung der Informationen durch die Behörde ein „Veröffentlichen“ dieser i.S.d. § 6 Abs. 1 UrhG darstellt. Danach gilt ein Werk als veröffentlicht, wenn es mit Zustimmung des Berechtigten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist.
Über die Auslegung des Begriffes der „Öffentlichkeit“ besteht indes Uneinigkeit. Die Rechtsprechung zum IFG sieht als Voraussetzung für eine Veröffentlichung i.S.d. § 6 Abs. 1 UrhG an, dass ein individuell nicht bestimmbarer Personenkreis Kenntnis vom Inhalt des Werkes nehmen kann. Erlangt nur der Antragsteller die Informationen, wäre das nach dieser Definition noch keine Veröffentlichung i.S.d. UrhG.
Doch was, wenn der Antragsteller die Informationen anschließend weitergibt? Lässt sich ausschließen, dass der Antragsteller oder die Antragstellerin die Informationen über einen bestimmbaren Personenkreis hinaus verbreitet, bleibt es dabei, dass die Informationsweitergabe an ihn keine Veröffentlichung i.S.d. UrhG darstellt und keine Urheberrechte verletzt werden.
Die außerdem für eine Veröffentlichung notwendige Zustimmung des Berechtigten i.S.d. § 6 Abs. 1 UrhG liegt zumindest im Falle der Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze bereits vor, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowieso nur nach Einwilligung des Geheimnisinhabers zugänglich machen.
Das LG Köln entschied bezüglich eines vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) im Rahmen eines Informationsantrags gewährten Zugangs zu einem von den eigenen Mitarbeitern erstellten Bericht, dass in der Zugänglichmachung bereits eine Veröffentlichung i.S.d. § 6 Abs. 1 UrhG zu erkennen sei. Bei der Informationsgewährung prüfe das BfR keine materiellen Voraussetzungen, vielmehr werde die Information der Allgemeinheit gewährt, weshalb davon auszugehen sei, dass der Bericht zumindest zeitversetzt einer Vielzahl von Personen zugänglich gemacht worden sei. Das OLG Köln hat diesen Ausführungen des LG im weiteren Verfahren jedoch keine weitere Beachtung geschenkt und angenommen, dass die Zusammenfassung seit der vom BfR vorgenommen Veröffentlichung einer Allgemeinverfügung, die für alle Antragsteller einen automatisierten Informationszugang zur Zusammenfassung des Berichts ermöglichte, als amtliches Werk nach § 5 Abs. 2 UrhG zu betrachten sei und damit keinen urheberrechtlichen Schutz (mehr) genieße.
Eine Idee, das Problem des Urheberrechtsschutzes zu umgehen, ist es in jeder „freiwilligen“ Übergabe von Informationen an die Behörde, etwa im Falle von Gutachten und Stellungnahmen, eine Veröffentlichung i.S.d. UrhG zu sehen. Das (Erst-) Veröffentlichungsrecht wäre dann verbraucht und stünde nicht mehr im Konflikt mit dem Zugang zum jeweiligen Werk nach einem Informationsantrag. Überzeugen kann diese Betrachtungsweise freilich nur unter der Bedingung, dass der Urheber nicht gesetzlich zur Herausgabe des Werks an die Behörde verpflichtet war, sonst könnte sein Handeln nicht als „freiwillige“ Zustimmung gewertet werden.
Aus Sicht des Geheimnisinhabers oder der Geheimnisinhaberin lassen all diese Ansätze außer Acht, dass es ihm um die Sicherung eines Wissens- bzw. Entwicklungsvorsprungs vor der Konkurrenz geht, der gegebenenfalls durch „[…] zeit- und finanzintensive Bemühungen […]“ teuer erkauft wurde. Zu ihren Gunsten lässt sich sagen, dass mit der Sicherung der Geheimnisse auch eine Absicherung des allgemeinen Fortschrittes garantiert wird, der gerade nur dann vorangetrieben wird, wenn die jeweiligen Innovationen in erster Linie die Stellung des jeweiligen Geheimnisinhabers im Wettbewerb verbessern. Würden sich die Innovationsbestrebungen durch die Veröffentlichung von exklusivem Wissen an die Konkurrenz nicht mehr auszahlen, kämen die meisten wohl zum Erliegen oder würden an einem anderen Standort vorgenommen werden. Gleiches gilt für die wirtschaftliche Kooperation Privater mit dem Staat. Dieser Argumentation kann mit einem Grundmotiv der Informationsfreiheit begegnet werden, nämlich dass der Wissensfortschritt gerade auf Grundlage einer öffentlich zugänglichen Informationsbasis wirksamer von der Gesellschaft vorangetrieben werden kann, als wenn die notwendigen Informationen von Einzelnen zurückgehalten werden.
Dennoch sollte der grundrechtlich vorgesehene und gesetzlich verankerte Geheimnisschutz nicht dadurch abgeschwächt werden, dass den Geheimnisinhabern durch die Übergabe der Informationen an die Behörde gewissermaßen die Zustimmung zur Veröffentlichung unterstellt wird, bzw. hierin gar die Veröffentlichung i.S.d. UrhG gesehen wird. Insgesamt zeigen all diese Konfliktlagen:
Der Schutz von geistigem Eigentum und von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen wird von den Informationsfreiheits- und Transparenzgesetzen nicht ohne Grund besonders hochgehalten, muss und kann sich aber nicht in jedem Fall gegen Informationsinteressen durchsetzen.
Alle hier zitierten Quellen finden sich in der digitalen Literaturdatenbank.