Der Abschnitt vermittelt einen Überblick über die Vorgaben von Informationsfreiheitsgesetzen zum (meist absoluten) Schutz bestimmter Informationsinhalte aufgrund öffentlicher Interessen: § 3 Nr. 1 und Nr. 6 bis Nr. 8 IFG sowie Parallelregelungen auf Bundes- und Landesebene.
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In allen Informationsfreiheits- und Transparenzgesetzen finden sich zum Schutz (besonderer) öffentlicher Belange Ausschlussgründe, die den Zugang zu Informationen ausschließen, deren Bekanntwerden die Belange beeinträchtigen könnte. Der Ausschluss des Informationszugangs ist dabei zumeist zwingend. Eine Ausnahme hiervon bildet das Umweltinformationsgesetz, das in § 8 Abs. 1 S. 1 UIG grundsätzlich eine Abwägung mit dem öffentlichen Informationsinteresse vorsieht. Berühren die jeweiligen Informationen die öffentlichen Belange, dürfen die Behörden sie nicht veröffentlichen. Von besonderer Bedeutung ist deshalb die Feststellung, welche Informationen von den jeweiligen Ausschlusstatbeständen erfasst werden.
Im Bundes-IFG ist der Schutz öffentlicher Belange vor allem in § 3 IFG normiert. Hier finden sich verschiedene Tatbestände, die bestimmte Informationsbestände umschreiben, die nicht veröffentlicht werden dürfen. Zum Teil sehen die Tatbestände bestimmte Gefährdungslagen vor, die durch die Veröffentlichung der Informationen aller Voraussicht nach erreicht werden müssten, soll die Behörde den Informationszugang hierauf gestützt ablehnen. In diesen Fällen kommt es dann auf eine prognostische Entscheidung der öffentlichen Stellen an. Sie haben darzulegen, ob das Bekanntwerden der Informationen eine Gefährdung oder Beeinträchtigung des jeweiligen Schutzgutes erwarten lässt. Diese Prognose ist dann gerichtlich voll überprüfbar.
Neben § 3 IFG sieht § 4 IFG den Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses vor, der seinerseits einen öffentlichen Belang darstellt, weshalb die Vorgaben des § 4 IFG in § 3 IFG hätten eingegliedert werden können.1
Eine ähnliche Regelungsstruktur, wenn auch mit deutlich weniger Ausschlusstatbeständen, weisen § 8 Abs. 1 UIG und § 3 Nr. 1 lit. a bis e VIG auf. Die Analyse der einzelnen Ausschlusstatbestände wird zeigen, inwieweit die Gesetze auf Bundesebene inhaltlich die gleichen Vorgaben machen.
Einige Landesgesetze übernehmen die Bundesregelung unterschiedslos2 und/oder ergänzen den Katalog an Ausschlussgründen von § 3 IFG noch.3 In anderen Fällen entsprechen die normierten Ausschlusstatbestände zwar denen, die auch § 3 IFG vorsieht, es finden sich aber insgesamt weniger Ausschlusstatbestände im jeweiligen Landesgesetz als im IFG des Bundes.4 Bereits dieser oberflächliche Blick auf die verschiedenen Regelungen der Bundes- und Landesgesetze zum Schutz öffentlicher Belange lässt erkennen, dass das Schutzniveau der jeweiligen Informationen zum Teil sehr unterschiedlich ausgestaltet ist. Für Antragsteller und Antragstellerinnen bedeutet dies, dass ein und dasselbe Informationsbegehren in den jeweiligen Ländern oder auf Bundesebene unterschiedlich zu behandeln wäre und hier zum Erfolg (also dem Informationszugang) und da zur Ablehnung des Antrages führen könnte.
In § 3 Nr. 1 lit. a) bis g) IFG hat der Bundesgesetzgeber verschiedene Schutzgüter aufgezählt, die sich ganz oder teilweise auch in UIG, VIG und sämtlichen Landesinformationsfreiheits- und Transparenzgesetzen geschützt wiederfinden. Der Zugang zu amtlichen Informationen ist hiernach dann ausgeschlossen, wenn das Bekanntwerden der begehrten Informationen auf die jeweiligen Schutzgüter nachteilige Auswirkungen haben kann. Für den Ausschluss des Informationszugangs nach § 3 Nr. 1 IFG und allen vergleichbaren Regelungen in den Landesgesetzen müssen demnach zwei Voraussetzungen vorliegen: Einerseits müssen die jeweiligen Informationen eines der dort aufgezählten Schutzgüter berühren, andererseits muss das Bekanntwerden der Informationen eine bestimmte Gefahrenlage für das jeweilige Schutzgut begründen, eben nachteilige Auswirkungen haben können. Der Inhalt der einzelnen Schutzgüter wird mittlerweile vielfach von der Rechtsprechung definiert.
Der Begriff „internationale Beziehungen“ nach § 3 Nr. 1 lit. a) IFG5 bezieht sich auf alle Bereiche der auswärtigen Beziehungen, „in denen amtliche Informationen anfallen können, an deren öffentlichem Bekanntwerden der Bund kein Interesse hat.“6 Hiermit sollen die auswärtigen Interessen und Beziehungen Deutschlands zu anderen Staaten, internationalen und supranationalen Organisationen geschützt werden.7 Die Rechtsprechung lässt für den Ausschluss des Informationszugangs bereits eine mögliche „Verstimmung“ bzw. „Trübung der Beziehungen“ zu anderen Staaten ausreichen, etwa wenn diese den Informationszugang als „unerwünscht“ ansehen würden.8 Legt man dem Tatbestand diesen Maßstab zugrunde, schafft man hinsichtlich potentiell „kritischer“ Informationen aus dem Bereich der internationalen Beziehungen de facto eine Bereichsausnahme. Kaum ein Staat würde die Veröffentlichung solcher Informationen gutheißen, eine „Verstimmung“ der Verantwortlichen ließe sich stets anführen.9 Dem Anspruch der Informationsfreiheit, den Bürger in die Lage zu versetzen, das staatliche Handeln kritisch begleiten zu können,10 hinkt die Anwendung des IFG an dieser Stelle weit hinterher.11
„Militärische Belange der Bundeswehr“ nach § 3 Nr. 1 lit. b) IFG12 „[…] sind alle Angelegenheiten, die i.S.v. Art. 87a GG die Aufstellung und den Einsatz der Streitkräfte betreffen.“13 Hierzu zählen außerdem Informationen zu Auslandseinsätzen und zur Bündnisverteidigung, namentlich die Nato und die EU betreffend,14 soweit sie einen Bezug zur Bundeswehr aufweisen.15 „Sonstige sicherheitsempfindliche Belange der Bundeswehr“ hingegen sind Informationen aus nichtmilitärischen Bereichen der Bundeswehr, welche Rückschlüsse auf schutzwürdige sicherheitsrelevante Bereiche zulassen,16 was den Vorgaben der Gesetzesbegründung zum Bundes-IFG entspricht.17
„Belange der inneren oder äußeren Sicherheit“ nach § 3 Nr. 1 lit. c) IFG18 umfassen den Schutz der freiheitlich demokratischen Grundordnung sowie den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder.19 Auch den Schutz der Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen schießt der Tatbestand mit ein.20 Mit „äußere Sicherheit“ sind Angriffe durch fremde Staaten in Bezug genommen, was auch das Tatbestandsmerkmal „Landesverteidigung“ in einigen Landesinformationsfreiheits- und Transparenzgesetzen meint.21 Die „innere Sicherheit“ bezieht sich hingegen etwa auf gewaltsame Aktionen Privater.22 Die Gesetzesbegründung zum Bundes-IFG fasst dies als „nicht militärischen Sicherheitsbereich“, unter anderem der Nachrichtendienste, zusammen.23 Daneben sei auch der Geheimnisschutz für die Wirtschaft mit umfasst, der auf Grundlage der §§ 24 ff. Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG)24 zur Wahrung staatlicher Sicherheitsinteressen wahrgenommen werde.25
§ 3 Nr. 1 lit. d) IFG26 stellt „Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben der Finanz-, Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden“ unter den Schutz vor Informationsbegehren. Zum Kreis der Finanzbehörden zählt die Rechtsprechung auf Bundesebene jede Behörde im Geschäftsbereich des Bundesfinanzministeriums.27 Hierzu zählen weiterhin die Generalzolldirektion und die Zollverwaltung, das Bundeszentralamt für Steuern28 und das Informationstechnikzentrum Bund.29 Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden sind nach der Gesetzesbegründung solche, die mit der Wahrnehmung der Aufgaben nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)30, dem Telekommunikationsgesetz (TKG)31 und dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)32 betraut sind.33 Wettbewerbsbehörden sind demnach das Bundeskartellamt (BKartA) und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (§ 48 Abs. 1 GWB) sowie die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Regulierungsbehörde ist die Bundesnetzagentur (BNetzA) (§ 116 TKG; § 54 Abs. 1 EnWG). Speziell im Falle der Behörden nach § 3 Nr. 1 lit. d) IFG wird die Rechtsprechung nicht müde zu betonen, dass § 3 Nr. 1 lit. d) IFG keine Bereichsausnahme für die Informationen dieser Behörden anordnet34 und diese den Informationszugang deshalb nicht pauschal ausschließen dürfen. Der Schutzbereich bezieht sich speziell auf die den Stellen jeweils übertragenen Kontroll- und Aufsichtsaufgaben. Nur wenn das Bekanntwerden der Information für die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung nachteilige Auswirkungen haben kann, ist der Informationszugang ausgeschlossen.35 Geschützt ist also die Funktionsfähigkeit der Behörde.36 Die Gesetzesbegründung hebt hingegen eher auf den Wettbewerbsschutz ab,37 wobei der Schutz Privater nach dem Gesetzeszweck eher als Rechtsreflex zu betrachten ist.38
Teilweise stellen die Landesgesetze auch auf die Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben der Sparkassenaufsichts- und Versicherungsaufsichtsbehörden ab. Am Beispiel von Thüringen zeigt sich im Folgenden, welche Behörden damit im Einzelnen umfasst sind. Sparkassenaufsichtsbehörde ist nach § 24 Abs. 1 S. 1 des Thüringer Sparkassengesetzes (ThürSpkG)39 das zuständige Ministerium, mithin das Thüringer Finanzministerium.40 Dies ist ebenfalls zuständig für die Versicherungsaufsicht „[…] über die in Thüringen ansässigen Versorgungswerke der freien Berufe, die Zusatzversorgungskasse Thüringen sowie die Feuerwehrkasse Thüringen.“41 Schutzgegenstand ist dabei die gleichmäßige Festsetzung und Erhebung von Steuern durch die Finanzämter und, wie auf Bundesebene, der Schutz des unverfälschten Wettbewerbs, da der Ausschlussgrund die Kenntnisnahme der Informationen durch Steuerpflichtige und andere Marktteilnehmer verhindere, die sich sonst hierdurch einen nicht gerechtfertigten Wettbewerbsvorteil verschaffen könnten.42
Mit „Angelegenheiten der externen Finanzkontrolle“ werden von § 3 Nr. 1 lit. e) IFG43 insbesondere die Informationen, die der Bundesrechnungshof und die ihn unterstützenden Prüfungsämter bei ihren Prüfungs- und Beratungstätigkeiten44 erlangen, vor dem Bekanntwerden durch einen Informationszugang geschützt,45 woraus sich schlussfolgern lässt, dass der Bundesrechnungshof auch hinsichtlich dieser Tätigkeiten gleichwohl als anspruchsverpflichtete Behörde i.S.d. IFG zu betrachten ist.46 Ein absoluter Schutz besteht jedoch auch in diesem Fall nicht; es obliegt dem Bundesrechnungshof Tatsachen darzulegen, aus denen sich die Möglichkeit der Beeinträchtigung des Schutzgutes durch den Informationszugang ergeben kann.47 Dies veranlasste den Gesetzgeber zur Ergänzung der Bundeshaushaltsordnung (BHO)48, die durch § 97 Abs. 5 und § 99 S. 3 BHO zwar proaktive Informationspflichten des Bundesrechnungshofes normiert, gleichsam in § 96 Abs. 4 BHO einen quasi IFG-externen Ausschlussgrund für den Informationszugang vorsieht.49 Die Akten der Verfahren der externen Finanzkontrolle, in denen die nach § 3 Nr. 1 lit. e) IFG zu schützenden Informationen anfallen, sind hierdurch nun absolut geschützt.50 Da diese Regelung dem IFG vorgeht,51 ist § 3 Nr. 1 lit. e) IFG in seiner juristischen Bedeutung im Wesentlichen der Zahn gezogen.52 Gleichzeitig gilt für das UIG, dass dieses dennoch grundsätzlich auf den Bundesrechnungshof anwendbar ist.53 Die externe Finanzkontrolle ist dabei die Prüfung der finanzwirtschaftlichen Aktivitäten der öffentlichen Hand durch von der geprüften Verwaltung unabhängige Einrichtungen.54
§ 3 Nr. 1 lit. f) IFG55 schützt „Maßnahmen zum Schutz vor unerlaubtem Außenwirtschaftsverkehr“ vor nachteiligen Auswirkungen durch das Bekanntwerden diesbezüglicher Informationen. Der Außenwirtschaftsverkehr definiert sich nach § 1 Abs. 1 S. 1 Außenwirtschaftsgesetz (AWG)56 als der Güter-, Dienstleistungs-, Kapital-, Zahlungs- und sonstige Wirtschaftsverkehr mit dem Ausland sowie der Verkehr mit Auslandswerten und Gold zwischen Inländern. Die betreffenden Informationen werden im Zusammenhang mit der Exportkontrolle erhoben, wobei auch im Rahmen von Vorfeldprüfungen und in Hinweisdaten gesammelte Daten, die zur Verhinderung unerlaubter Exporte benötigt werden, dem Informationsbegriff unterfallen.57 Gleiches gilt für sämtliche Informationen, die im Zusammenhang mit der Durchführung von wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahmen stehen.58 Der Schutz durch § 3 Nr. 1 lit. f) IFG soll auch nach dem Abschluss von Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren59 nach dem AWG fortbestehen.60 In der Rechtsprechung hat § 3 Nr. 1 lit. f) IFG bisher keine Rolle gespielt, gleichwohl kommen Informationsanträge vor, die den Außenwirtschaftsverkehr betreffen: Das u.a. mit der Außenwirtschaft befasste Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), dessen Kernaufgabe die Ausfuhrkontrolle darstellt, verzeichnete 2016 und in den Vorjahren die meisten IFG-Anträge u.a. im Bereich der Außenwirtschaft.61 Der Außenwirtschaftsverkehr ist damit insgesamt Sache der Bundesebene, § 3 Nr. 1 lit. f) IFG entsprechende Regelungen finden sich in den Landesgesetzen zur Informationsfreiheit daher praktisch nicht.
Neben der Tatsache, dass der Informationszugang die oben beschriebenen Informationen betreffen müsste, um nach § 3 Nr. 1 IFG abgelehnt werden zu dürfen, müsste die jeweilige Stelle außerdem darlegen, dass durch die Veröffentlichung der Informationen eine bestimmte Gefahrenlage für ein Schutzgut geschaffen werden würde. Nach § 3 Nr. 1 IFG muss das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf die beschriebenen Schutzgüter haben können. Auf diese Formulierung ziehen sich auch das VIG sowie sämtliche Landesinformationsfreiheits- und Transparenzgesetze zurück, auch wenn die Kataloge der Schutzgüter inhaltlich abweichen. Eine Ausnahme bildet auch diesbezüglich das UIG, das darauf abstellt, ob das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen hätte, § 8 Abs. 1 S. 1 UIG. Da es sich bei diesen Feststellungen um Prognosen handelt, ist von besonderer Bedeutung, an welchen Voraussetzungen man die Darlegungen der Behörden hierzu misst, um zu verhindern, dass der Ausschlussgrund lediglich vorgeschoben wird. In Hinblick auf das Ziel des IFG62 wird man den öffentlichen Stellen daher abverlangen müssen, dass sie die Möglichkeit (bzw. Wahrscheinlichkeit) der nachteiligen Auswirkungen auf ein Schutzgut soweit wie möglich darzulegen haben.63 Dies legt auch die Rechtsprechung zu den verschiedenen Tatbeständen des § 3 Nr. 1 IFG nahe, wonach die Behörden nicht durch eine generalisierende Sichtweise bei der Einschätzung möglicher nachteiliger Auswirkungen auf die Belange de facto Bereichsausnahmen des Informationszugangs für den Gesamtbestand der jeweils vorliegenden Informationen schaffen dürfen.64 Vielmehr müssen sie zum Nachweis der konkreten Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen für das Schutzgut Tatsachen darlegen, „aus denen sich im jeweiligen Fall die Beeinträchtigung des Schutzgutes ergeben kann.“65 Nachteilige Auswirkungen sind nach der Rechtsprechung all das, was dem Schutzgut abträglich ist.66 Diese Anforderungen lassen sich sowohl auf die Formulierung im IFG auf Bundesebene, als auch auf VIG, UIG und die Landesinformationsfreiheits- und Transparenzgesetze übertragen, soweit sie auf die Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen abstellen. Das Darlegungserfordernis ist bei der prognostischen Einschätzung einer Gefahr für ein Schutzgut daher im Kern stets dasselbe. Lediglich in Bezug auf § 3 Nr. 1 lit. a) IFG erkennt die Rechtsprechung einen Beurteilungsspielraum der Behörden bei der Prognose an, ob nachteilige Auswirkungen auf internationale Beziehungen vorliegen.67
§ 3 Nr. 6 IFG schützt fiskalische Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr und wirtschaftliche Interessen der Sozialversicherungen. Die Landesgesetze zur Informationsfreiheit nehmen diesbezüglich häufig nur die fiskalischen Interessen der jeweiligen öffentlichen Stellen im Wirtschaftsverkehr in Bezug und lassen die Sozialversicherungen weit überwiegend außer Betracht. 68 Die Schutzrichtung der Regelungen ist dabei auf Bundes- und Landesebene dieselbe. Das IFG schützt etwa die Einnahmen des Bundes, indem es anerkennt, dass der Bund im Wirtschaftsverkehr gegenüber anderen Marktteilnehmern in Gleichordnung auftritt und gegen ihn bestehende Informationsansprüche somit nicht gerechtfertigt wären;69 sie könnten ein Ungleichgewicht im Wettbewerb zu seinen Lasten zur Folge haben, muss der Bund etwa eigene Geschäftsgeheimnisse offenbaren. 70 Die Landesgesetze nehmen dies in Bezug auf die erfassten öffentlichen Stellen genauso an, auch hier geht es darum, eine mögliche Informationsasymmetrie der öffentlichen Stellen im Verhältnis zu Verhandlungs- und Vertragspartnern zu verhindern, wie etwa in Bezug auf § 12 Abs. 1 Nr. 1 lit. f) ThürTG angenommen wird.71 Die Gesetzesbegründungen stellen etwa auf die Veräußerung von Liegenschaften ab72 oder auf Bundesebene auf über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) abgewickelte privatrechtliche Bankgeschäfte sowie auf die von der Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH und der Bundeswertpapierverwaltung für den Bund ausgeführten Aufgaben.73 Gleichwohl arbeitet die Rechtsprechung deutlich heraus, dass allein das Auftreten des Bundes im Wirtschaftsverkehr nicht automatisch zum Ausschluss des Informationszugangs führen kann, was sich so auch auf die Regelungen auf Landesebene übertragen lässt. Es ist daneben notwendig, dass das Bekanntwerden der Informationen geeignet wäre, fiskalische Interessen zu beeinträchtigen, da sonst Bereichsausnahmen für Informationszugänge geschaffen werden könnten.74
Die fiskalischen Interessen des Bundes ergeben sich aus dem Haushaltsrecht.75 So dürfen etwa nach § 63 Abs. 3 S. 1 BHO Vermögensgegenstände nur zum vollen Wert veräußert werden. Nach § 34 Abs. 1 BHO sind Einnahmen des Bundes rechtzeitig und vollständig zu erheben.76
Der damit einhergehende Schutz von Informationen möglicher Geschäftspartner der öffentlichen Stellen stellt eher einen Rechtsreflex dar. Soweit die Namen und Adressen von Interessenten, Bietern und Erwerbern von der Akteneinsicht ausgeschlossen werden, geschieht dies vor allem, um der Konkurrenz auf dem Markt kein „Abwerben“ potentieller Geschäftspartner zu ermöglichen.77 So wird entsprechend der Intention des Gesetzgebers nach der Gesetzesbegründung zum IFG auch ein Eingriff in den Wettbewerb verhindert.78 Allgemein gilt hinsichtlich § 3 Nr. 6 IFG, dass für den Ausschluss eines Informationszugangs nicht die Eigenschaft der jeweiligen Stelle als Teil der unmittelbaren Bundesverwaltung oder als bundesunmittelbare rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts ausschlaggebend ist, sondern die Relevanz der Information für den Bundeshaushalt.79
§ 3 Nr. 6 Alt. 2 IFG hingegen soll „Sozialversicherungsträger vor einer Ausforschung durch Mitbewerber schützen, soweit sie als Marktteilnehmer im Wettbewerb stehen. Informationen dürfen danach zurückgehalten werden, soweit den Sozialversicherungsträgern Nachteile im Wettbewerb drohen und dadurch die beschriebene Beeinträchtigungsschwelle überschritten wird.“80 Informationen, „[…] die Rückschlüsse auf die Finanzstruktur, die Struktur der Mitglieder, auf die Vertragsgestaltung oder auf sonstige Leistungsdaten, die im Wettbewerb der Krankenkassen relevant sind, […]“81 zulassen, sollen dementsprechend vom Informationszugang ausgeschlossen werden, um „[…] den Wettbewerb der Krankenkassen untereinander und zu den privaten Krankenversicherungsunternehmen [zu] schützen.“82 Soweit die Landesgesetze die Sozialversicherungen ebenfalls erfassen, lassen sich diese Wertungen ohne Weiteres auf die entsprechenden Regelungen übertragen.
Nach § 3 Nr. 6 IFG ist das Bekanntwerden der Informationen ausgeschlossen, wenn es geeignet wäre, die Schutzgüter zu beeinträchtigen. Auch hier muss die öffentliche Stelle die Möglichkeit negativer Auswirkungen auf das Schutzgut im Wege einer prognostischen Entscheidung, auf Grundlage der Darlegung entsprechender Tatsachen, aufzeigen.83 Die Rechtsprechung sieht trotz unterschiedlicher Formulierungen zur Beschreibung der Gefahrenlagen nach § 3 Nr. 1 und Nr. 6 IFG hier keinen inhaltlichen Unterschied für das Darlegungserfordernis der Behörden. Die Feststellungen zu § 3 Nr. 1 IFG lassen sich daher voll auf § 3 Nr. 6 IFG übertragen.84 Das Gleiche ist für abweichende Formulierungen der Gefahrenlagen in den Landesgesetzen anzunehmen.
Nach § 3 Nr. 7 IFG ist ein Informationszugang ausgeschlossen, wenn Informationen betroffen sind, die vertraulich erhoben oder übermittelt worden sind, zumindest soweit das Interesse des/der Dritten an einer vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang noch fortbesteht.85 Dieser Ausschlussgrund findet sich, zum Teil wortlautidentisch, auch in einigen Landesinformationsfreiheits-und Transparenzgesetzen wieder.86
„Vertraulich“ sind Informationen dann, wenn sie nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, was Gegenstand einer Übereinkunft über die Vertraulichkeit zwischen der informationspflichtigen Stelle und dem/der Dritten sein muss.87 Um dem Schutzzweck der Norm und dem Grundsatz einer engen Auslegung der Ausschlusstatbestände88 gerecht zu werden, lässt die Rechtsprechung nicht allein die vertrauliche Erhebung oder Übermittlung einer Information für den Ausschluss des Informationszugangs ausreichen.89 Sie prüft hingegen zusätzlich, ob ein objektiv anzuerkennendes Schutzbedürfnis (Geheimhaltungsinteresse) vorliegt, womit die Gerichte ein zusätzliches Tatbestandsmerkmal konstruieren.90 Diese Gesetzesanwendung ist im Wortlaut des Ausschlussgrundes angelegt, wo vom Interesse des/der Dritten an einer vertraulichen Behandlung der Information die Rede ist, welches im Zeitpunkt des Informationsantrages noch fortbestehen muss, soll der Ausschlussgrund greifen. Wie im Fall von § 3 Nr. 4 Alt. 2 IFG, wo es für die Ablehnung des Informationszugangs nicht auf die formelle, sondern auf die materielle Richtigkeit der Einstufung als Verschlusssache ankommt, soll es hier auf ein tatsächlich bestehendes Geheimhaltungsinteresse ankommen, nicht allein auf eine möglicherweise vorgeschobene Vereinbarung zwischen öffentlicher Stelle und dem/der Dritten.91
Ein objektiv schutzwürdiges Interesse an der Vertraulichkeit der Information liegt dann vor, „[…] wenn bei ihrer Offenbarung dem Informanten Nachteile drohen und deshalb (zukünftig) die ordnungsgemäße Erfüllung der behördlichen Aufgaben, welche auf die vertrauliche Übermittlung von Informationen angewiesen ist, gefährdet ist.“92 Der/Die Dritte genieße demnach nur insoweit Schutz vor Nachteilen, als die Behörde auf eine vertrauliche Informationsübermittlung angewiesen sei.93 Somit stellen die Gerichte auf den funktionalen Zusammenhang zwischen behördlicher Aufgabenerfüllung und dem Informantenschutz ab.94 Eben diesen Zusammenhang soll § 3 Nr. 7 IFG gemäß der Gesetzesbegründung auch schützen: Durch einen Informationszugang verursachte negative Auswirkungen für den Informanten könnten sonst die künftige – vielfach freiwillige - Informationszusammenarbeit zwischen ihm und der Behörde beeinträchtigen.95 Vertrauliche Übermittlungen zwischen Behörden sind nicht von § 3 Nr. 7 IFG erfasst96 und es besteht die Möglichkeit, dass ein zunächst bestehendes Geheimhaltungsinteresse nachträglich entfällt. Die Behörde hat dem dann im Rahmen ihres Verfahrensermessens nachzugehen, also etwa beim Informanten entsprechend nachzufragen.97
§ 3 Nr. 8 IFG schließt pauschal den Informationszugangsanspruch gegenüber den Nachrichtendiensten sowie den Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes, soweit sie Aufgaben im Sinne des § 10 Nr. 3 SÜG wahrnehmen, aus. Auch hier gilt etwas anderes lediglich nach den Vorgaben des UIG, wonach zumindest im Grundsatz eine Informationspflicht besteht.98 Im IFG hingegen normiert die Regelung die einzige tatsächliche Bereichsausnahme im Ausnahmekatalog des IFG,99 die auch einige Landesgesetze kennen.100 In anderen Landesgesetzen werden die öffentlichen Stellen, die Aufgaben im Sinne der Sicherheitsüberprüfungsgesetze wahrnehmen, schon dem Anwendungsbereich der Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze entzogen, sodass ein Anspruch ihnen gegenüber hinsichtlich dieser Aufgaben von vornherein nicht besteht.101
Als Nachrichtendienste sind auf Bundesebene ausdrücklich das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), der Bundesnachrichtendienst (BND) und der Militärische Abschirmdienst (MAD) in Bezug genommen.102 Auch die Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes, die Aufgaben im Sinne des § 10 Nr. 3 SÜG wahrnehmen, lassen sich eindeutig bestimmen: Nach § 34 Nr. 3 SÜG ist die Bundesregierung ermächtigt, durch Verordnung festzustellen, welche Behörden oder sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes Aufgaben im Sinne des § 10 Nr. 3 SÜG wahrnehmen.103 Auf dieser Grundlage hat die Bundesregierung die Sicherheitsüberprüfungsfeststellungsverordnung (SÜFV)104 erlassen, in deren § 1 Nr. 1 bis 6 SÜFV Bundesbehörden aufgelistet sind, deren zugewiesene Aufgaben zum Teil eine vergleichbare Sicherheitsempfindlichkeit wie die der Nachrichtendienste des Bundes aufweisen. Dies kann demnach Aufgabenbereiche der Bundespolizei, des Bundeskriminalamtes (BKA), der Bundeswehr, des Zollkriminalamtes (ZKA), des Generalbundesanwalts und der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (Financial Intelligence Unit – FIU) betreffen.
Den generellen Ausschluss eines Informationsanspruches gegenüber bestimmten Aufgabenbereichen der genannten öffentlichen Stellen begründet der Gesetzgeber damit, dass nicht alle Vorgänge bei den Nachrichtendiensten von den Ausschlussgründen § 3 Nr. 1 lit. c) IFG oder § 3 Nr. 4 IFG erfasst sind.105 So seien Informationen zu Beschaffung und fiskalischem Handeln dieser öffentlichen Stellen bisher nicht von Ausnahmetatbeständen des IFG umfasst, obwohl sich hieraus unter Umständen Rückschlüsse auf Strategien und Aktivitäten der Dienste ziehen ließen.106 Die Rechtsprechung nimmt diese Wertung auf und schlussfolgert, dass das gesetzgeberische Ziel, einen jeden Ansatz einer umfassenden Ausforschung zu vermeiden nur dann vollständig erreicht werden kann, „[…] wenn ergänzend solche Behörden von der auch verfahrensmäßigen Privilegierung des § 3 Nr. 8 IFG erfasst werden, die aufgrund ihrer Aufgabenstellung in einer besonders engen Beziehung zu den Nachrichtendiensten stehen.“107 Die Gefahr der Ausforschung durch Informationsanträge und -zugänge sei hier durch den Umstand gegeben, dass diese Stellen typischerweise über eine Vielzahl von Dokumenten verfügen, die von den Nachrichtendiensten stammen und neben deren Erkenntnissen und Bewertungen insbesondere auch Interna über deren Aufbau und Arbeitsweisen enthalten.108 Das Bundesverwaltungsgericht erkennt daher an, dass sich etwa das Bundeskanzleramt in seiner Eigenschaft als Aufsichtsbehörde des BND und als Koordinierungsstelle der Nachrichtendienste in einer solchen Sondersituation befindet und insoweit ebenfalls dem Ausnahmetatbestand § 3 Nr. 8 IFG unterfällt.109 In Betracht käme die Anwendung des Ausschlussgrundes demnach auch für das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), soweit es aufgrund „seiner Funktion als Aufsichtsbehörde nach § 147 Nr. 1 GVG in einer besonders engen Beziehung zu dem Generalbundesanwalt [steht] und [daher] […] typischerweise über eine Vielzahl von Dokumenten, die geheimhaltungsbedürftig sind, [verfügt].“110 Dem folgend wird von der Rechtsprechung auch der Informationszugang zu beim Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) vorhandenen Akten ausgeschlossen, soweit diese vom Militärischen Abschirmdienst (MAD) stammen.111
Diese „funktionsbezogene Auslegung“112 und Anwendung des § 3 Nr. 8 IFG trifft in der Literatur auf berechtigte Kritik: So weist Schoch darauf hin, dass diese auf Sinn und Zweck des § 3 Nr. 8 IFG gestützte Auslegung und Anwendung der Regelung ihrem eindeutigen Wortlaut entgegensteht und die Gesetzessystematik ignoriert, welche eine abschließend geregelte Bereichsausnahme vorsehe.113 Die Ergänzung des Adressatenkreises stehe der eigenen Rechtsprechung entgegen, nach der die Ausnahmetatbestände eng und nicht extensiv auszulegen seien und sei nach dem oben gesagten schließlich contra legem.114 Bisher lässt sich das Bundesverwaltungsgericht gleichwohl nicht von seiner Ansicht abbringen. Tatsächlich findet es Unterstützung von unerwarteter Stelle: Im Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit für die Jahre 2016 und 2017 stellt die damalige Informationsbeauftragte fest, dass sie zu einem Kontrollbericht über eine datenschutzrechtliche Kontrolle bei der Außenstelle des BND in Bad Aibling keinen Informationszugang gewähren muss: Ihre Rolle als datenschutzrechtliche Kontroll- und Aufsichtsbehörde u.a. des Bundesnachrichtendienstes sei hinsichtlich des Ausschlussgrundes nach § 3 Nr. 8 IFG und der einschlägigen Rechtsprechung des BVerwG i.E. nicht anders zu bewerten, als die des Bundeskanzleramts als allgemeine Fach- und Dienstaufsichtsbehörde.115 Die „fundierte Kritik“ an der Rechtsprechung hat damit keine weiteren Konsequenzen.116
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